Brian David Josephson ist eine der herausragenden Persönlichkeiten der modernen Physik. Seine theoretische Vorhersage des später nach ihm benannten Effekts prägte nicht nur die Grundlagenforschung der Supraleitung, sondern eröffnete auch den Weg zu einer Vielzahl technologischer Innovationen. Der Josephson-Effekt bildet das Fundament zahlreicher Anwendungen, die in der heutigen Quantentechnologie eine zentrale Rolle spielen – von hochpräzisen Spannungsstandards über ultrasensitive Magnetfeldsensoren bis hin zu den Qubits in supraleitenden Quantencomputern.
Diese Abhandlung verfolgt das Ziel, die Karriere Josephsons umfassend darzustellen und zu analysieren. Sie möchte sowohl seine bahnbrechenden Beiträge zur Physik als auch die späteren, oft kontrovers diskutierten Forschungen zur Bewusstseinstheorie nachvollziehbar einordnen.
Im Zentrum steht die Frage, wie ein einzelner wissenschaftlicher Durchbruch in Form einer theoretischen Vorhersage weitreichende Impulse für ganze Forschungsgebiete liefern kann. Die Relevanz dieses Themas liegt nicht nur in der historischen Perspektive, sondern auch in der unmittelbaren Aktualität: Viele supraleitende Quantenbit-Architekturen, die heute weltweit entwickelt werden, basieren direkt auf dem Josephson-Effekt.
Darüber hinaus soll die Abhandlung die Person Brian Josephson in ihrer Vielschichtigkeit beleuchten: Als junger Forscher mit visionären Ideen, als etablierter Nobelpreisträger und als Querdenker, der die Grenzen der konventionellen Physik ausloten wollte. Diese facettenreiche Biografie eignet sich in besonderem Maße, um den Spannungsbogen zwischen etabliertem Wissen und unkonventionellen Hypothesen zu illustrieren.
Methodik und Aufbau
Die Vorgehensweise dieser Abhandlung beruht auf einer Kombination aus biografischer Rekonstruktion, wissenschaftshistorischer Analyse und technologischem Überblick. Der Schwerpunkt liegt auf einer quellengestützten Darstellung, die sowohl Primärliteratur – darunter Josephsons eigene Veröffentlichungen – als auch Sekundärquellen wie Monographien, Fachartikel und Konferenzberichte berücksichtigt.
Neben der biografischen Einbettung wird besonderen Wert auf die technische Beschreibung der Josephson-Phänomene gelegt. Dazu zählen unter anderem die quantenmechanischen Grundlagen der Tunnelprozesse, die in der Formulierung der charakteristischen Gleichungen des Josephson-Effekts Ausdruck finden. Ein Beispiel für eine zentrale mathematische Beziehung ist die Strom-Phasen-Relation:
I = I_c \sin(\varphi)
Hierbei bezeichnet I den durch den Josephson-Kontakt fließenden Strom, I_c die kritische Stromstärke und \varphi die Phasendifferenz der supraleitenden Wellenfunktionen.
Die Abhandlung ist thematisch in neun Kapitel gegliedert. Nach der Einleitung folgt zunächst ein Überblick über Josephsons frühes Leben und seine Ausbildung. Im Anschluss wird die Entdeckung des Josephson-Effekts im Detail beschrieben, bevor auf die akademische Karriere in Cambridge eingegangen wird. Das vierte Kapitel zeigt die Relevanz der Josephson-Phänomene für supraleitende Quantentechnologien auf.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Spannungsfeld zwischen Josephsons frühen Erfolgen und seinen späteren Forschungsinteressen, die in der Fachwelt teils auf heftige Kritik stießen. Die abschließende Synthese soll verdeutlichen, wie sein Wirken auch heute noch viele Bereiche der Physik und Technik beeinflusst.
Jedes Kapitel enthält sowohl historische als auch physikalisch-technische Abschnitte. Die mathematischen Herleitungen werden in Latex-Format eingebunden, um Lesern mit physikalischen Vorkenntnissen eine präzise Nachvollziehbarkeit zu ermöglichen.
Zusammenfassend verfolgt diese Abhandlung drei zentrale Anliegen:
- Darstellung der Lebensstationen und Leistungen Brian Josephsons
- Erklärung der physikalischen Grundlagen des Josephson-Effekts
- Einordnung seiner Beiträge in die Entwicklung moderner Quantentechnologien und wissenschaftlicher Kontroversen
Frühes Leben und Ausbildung
Kindheit und familiärer Hintergrund
Brian David Josephson wurde am 4. Januar 1940 in Cardiff, der Hauptstadt von Wales, geboren. Seine Eltern legten großen Wert auf Bildung und förderten die intellektuellen Interessen des Sohnes schon früh. Die Nachkriegszeit in Großbritannien war geprägt von materiellen Einschränkungen, gleichzeitig aber auch von einem neuen Aufbruch in Wissenschaft und Technik.
Bereits als Kind zeigte Josephson eine ausgeprägte Neugier für mathematische und physikalische Fragestellungen. Er berichtete später, dass er sich für Muster, Zahlen und die zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten der Natur interessierte. Diese Faszination für Ordnungsprinzipien und Symmetrien war einer der Ausgangspunkte für sein späteres Studium.
In seiner Jugend entwickelte er ein Talent, komplexe Probleme systematisch zu durchdringen. Diese analytische Begabung fiel seinen Lehrern früh auf und wurde mit zusätzlichen Lernangeboten unterstützt. Der familiäre Rückhalt und die intellektuell anregende Atmosphäre in Cardiff bildeten so den Grundstein für seine außergewöhnliche Laufbahn.
Schulische Bildung
Josephsons schulischer Werdegang war geprägt von kontinuierlichen Auszeichnungen und einem starken Fokus auf die Naturwissenschaften. Er besuchte die Cardiff High School, wo er sich besonders im Fach Mathematik profilierte. Lehrer erinnerten sich später an einen zurückhaltenden, aber außergewöhnlich konzentrierten Schüler, der durch seine Fähigkeit auffiel, auch abstrakte Konzepte mit Leichtigkeit zu verstehen.
Ein wichtiger Faktor war die gezielte Förderung mathematisch-naturwissenschaftlicher Talente in Großbritannien der 1950er Jahre. Programme für Hochbegabte boten Zugang zu Spezialkursen und Wettbewerben. Josephson nahm an mehreren Mathematik-Olympiaden teil und festigte in dieser Zeit sein Interesse an der theoretischen Physik.
Darüber hinaus lernte er grundlegende Prinzipien der Elektrizitätslehre und Thermodynamik, die in der damaligen Oberstufe vermittelt wurden. Rückblickend war es diese Kombination aus frühem Kontakt zu Physikinhalten und außergewöhnlicher mathematischer Begabung, die ihn für ein Studium in Cambridge qualifizierte.
Studium an der University of Cambridge
Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Schulausbildung erhielt Josephson ein Stipendium für das Trinity College der University of Cambridge, eine der angesehensten akademischen Institutionen Großbritanniens.
Der Eintritt in Cambridge markierte eine entscheidende Wende in seinem Leben. Hier traf er auf ein Umfeld, das von intensiven Diskussionen, internationaler Forschung und hoher intellektueller Dichte geprägt war. Insbesondere die Abteilung für Theoretische Physik zog zahlreiche begabte Studierende aus aller Welt an.
Einflussreiche Mentoren wie Brian Pippard und David Shoenberg weckten sein Interesse an der Supraleitung und Festkörperphysik. In dieser Zeit begann er, sich mit quantenmechanischen Effekten in supraleitenden Materialien zu beschäftigen. Die theoretischen Grundlagen, die er dabei erarbeitete, sollten nur wenige Jahre später in die Formulierung des Josephson-Effekts münden.
Ein zentrales Thema des Studiums war das Verständnis der BCS-Theorie, die kurz zuvor von Bardeen, Cooper und Schrieffer entwickelt worden war. Diese Theorie beschrieb die Bildung von Cooper-Paaren und legte die Basis für die Erklärung der Supraleitung. Josephson vertiefte sich in die mathematischen Details dieser Modelle und setzte sich mit den Tunnelprozessen auseinander, die schließlich für seine spätere Arbeit entscheidend wurden.
Ein Beispiel für die quantenmechanische Beschreibung von Tunnelprozessen ist die Wellengleichung:
\Psi(x) = A e^{-\kappa x}
Hier beschreibt \Psi(x) die Wellenfunktion eines Teilchens, das durch eine Potentialbarriere tunnelt, A eine Amplitude und \kappa den Abklingparameter, der mit der Höhe der Barriere verknüpft ist.
Diese Art quantitativer Modellierung bildete den methodischen Kern seiner wissenschaftlichen Ausbildung.
Erste Forschungserfahrungen
Bereits in den frühen Jahren am Trinity College sammelte Josephson praktische Erfahrungen in der Forschung. Er arbeitete in Laboren an supraleitenden Materialien und vertiefte sein Wissen über deren elektronische Eigenschaften.
Neben experimentellen Arbeiten begann er, sich intensiver mit theoretischen Fragen zu beschäftigen. Er untersuchte die Bedingungen, unter denen Tunnelströme in supraleitenden Kontakten entstehen können, und entwickelte erste Modellansätze, um diese Effekte mathematisch zu fassen.
Seine frühen Aufsätze und Seminararbeiten zeigen, dass er sich schon damals durch ungewöhnliche Präzision und Eigenständigkeit auszeichnete. Aus heutiger Sicht war diese Phase eine entscheidende Vorbereitung: Hier erlernte Josephson das methodische Rüstzeug, das er später zur Formulierung seiner berühmten Gleichungen nutzen sollte.
Die Entdeckung des Josephson-Effekts
Theoretische Grundlagen
Der Josephson-Effekt ist untrennbar mit der quantenmechanischen Natur der Supraleitung verbunden. Um seine Entdeckung zu verstehen, ist es notwendig, zunächst die physikalischen Grundlagen zu betrachten.
In supraleitenden Materialien bildet sich bei sehr niedrigen Temperaturen ein makroskopischer quantenmechanischer Zustand, der durch sogenannte Cooper-Paare getragen wird. Diese Elektronenpaare bewegen sich verlustfrei durch das Kristallgitter und verursachen den charakteristischen Nullwiderstand.
Die BCS-Theorie beschreibt diesen Zustand mit einer komplexen Wellenfunktion \Psi, deren Phase und Amplitude zentrale Größen sind. Eine der fundamentalen Eigenschaften der Supraleitung ist die Kohärenz über makroskopische Distanzen hinweg – ein Effekt, der für klassische Leiter undenkbar ist.
Diese Kohärenz ermöglicht Tunnelphänomene zwischen zwei supraleitenden Elektroden, die durch eine dünne isolierende Barriere getrennt sind. Quantenmechanisch kann die Wellenfunktion eines Cooper-Paares in diese Barriere eindringen und so einen Stromfluss verursachen, ohne dass eine äußere Spannung anliegt.
Ein entscheidendes Merkmal dieser Tunnelprozesse ist ihre Abhängigkeit von der Phasendifferenz \varphi der beiden supraleitenden Wellenfunktionen. Diese Abhängigkeit wird durch die charakteristische Beziehung beschrieben:
I = I_c \sin(\varphi)
Hier bezeichnet I den Tunnelstrom, I_c den maximal möglichen (kritischen) Strom und \varphi die Phasendifferenz.
Damit unterscheidet sich der Josephson-Strom grundlegend vom normalen elektrischen Stromfluss durch eine Potentialbarriere: Er ist eine rein quantenmechanische Erscheinung, die unmittelbar auf die makroskopische Kohärenz der supraleitenden Zustände zurückgeht.
Dieses theoretische Fundament bildete den Ausgangspunkt für Josephsons Überlegungen, die er Anfang der 1960er Jahre systematisch entwickelte.
Die bahnbrechende Vorhersage (1962)
Im Jahr 1962 veröffentlichte Brian Josephson im Alter von nur 22 Jahren einen Aufsatz, der die Fachwelt nachhaltig verändern sollte. Unter dem Titel „Possible new effects in superconductive tunnelling“ erschien seine Arbeit in der Zeitschrift Physics Letters.
Darin zeigte er, dass bei einem Supraleiter-Isolator-Supraleiter-Kontakt nicht nur ein Gleichstrom ohne angelegte Spannung fließen kann, sondern dass auch bei einer äußeren Spannung hochpräzise Wechselströme entstehen. Diese Ströme oszillieren mit einer Frequenz, die proportional zur angelegten Spannung ist.
Josephson leitete eine zweite fundamentale Gleichung her:
\frac{d\varphi}{dt} = \frac{2eV}{\hbar}
Hier bezeichnet V die Spannung zwischen den beiden Supraleitern, e die Elementarladung und \hbar das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum.
Diese Beziehung beschreibt die zeitliche Entwicklung der Phasendifferenz. Aus ihr ergibt sich, dass der Strom im Kontakt mit einer Frequenz
\nu = \frac{2eV}{h}
oszilliert – eine direkte Verbindung zwischen Spannung und Frequenz, die in der Präzisionsmesstechnik neue Standards setzte.
Josephsons Vorhersage war in mehrfacher Hinsicht revolutionär:
- Sie verband supraleitende Tunnelströme mit messbaren elektrischen Größen.
- Sie zeigte, dass makroskopische Quantenphasen direkt experimentell zugänglich sind.
- Sie eröffnete völlig neue Perspektiven für den Bau von empfindlichen Sensoren und Referenzsystemen.
Seine Arbeit beeindruckte führende Theoretiker wie P. W. Anderson und John Bardeen, die in den folgenden Monaten intensiv an einer experimentellen Bestätigung arbeiteten.
Experimentelle Bestätigung
Noch im selben Jahr begannen mehrere Arbeitsgruppen mit dem Versuch, Josephsons Vorhersagen experimentell zu prüfen. Besonders erfolgreich waren Philip W. Anderson und John M. Rowell an den Bell Laboratories.
Sie konstruierten supraleitende Tunnelkontakte und konnten den Gleichstrom-Effekt nachweisen. Darüber hinaus bestätigten sie das Auftreten der Wechselstromkomponente bei angelegter Spannung. Ihre Experimente erschienen 1963 in „Physical Review Letters“ unter dem Titel „Probable Observation of the Josephson Superconducting Tunneling Effect“.
Dieses Ergebnis löste eine Welle internationaler Rezeption aus. Physiker weltweit erkannten die Tragweite: Josephson hatte ein völlig neues Kapitel in der Supraleitung aufgeschlagen.
Binnen weniger Jahre entstanden Dutzende Folgearbeiten, die die Präzision der Vorhersagen bestätigten und die Technologie systematisch weiterentwickelten. Josephsons Name wurde innerhalb kürzester Zeit zu einem festen Begriff der Physik.
Konsequenzen für die Messtechnik
Die praktischen Konsequenzen des Josephson-Effekts erwiesen sich als ebenso weitreichend wie die theoretischen.
Ein besonders bedeutsamer Aspekt war die Möglichkeit, hochpräzise Spannungsskalen zu realisieren. Die Frequenz-Spannungs-Beziehung
\nu = \frac{2eV}{h}
erlaubte es erstmals, elektrische Spannungen mit atomarer Genauigkeit über Frequenzmessungen zu definieren.
Zudem führte der Josephson-Effekt direkt zur Entwicklung der SQUID-Technologie (Superconducting Quantum Interference Devices). SQUIDs bestehen aus einem supraleitenden Ring mit mindestens zwei Josephson-Kontakten. Sie reagieren extrem empfindlich auf Magnetfelder und ermöglichen Messungen im Bereich von 10^{-15} Tesla.
Damit leistete Josephsons Arbeit nicht nur einen Beitrag zur Grundlagenphysik, sondern lieferte auch die Basis für Anwendungen in der Medizin (z. B. Magnetoenzephalographie), Geophysik und Materialforschung.
Nobelpreis für Physik 1973
Im Jahr 1973 erhielt Brian Josephson gemeinsam mit Leo Esaki und Ivar Giaever den Nobelpreis für Physik. Während Esaki und Giaever für ihre Arbeiten zu Tunnelphänomenen in Halbleitern ausgezeichnet wurden, würdigte die Nobelkommission Josephsons theoretische Vorhersage der Effekte in Supraleitern.
Die Begründung hob ausdrücklich hervor, dass seine Arbeiten einen „fundamentalen Beitrag zum Verständnis makroskopischer quantenmechanischer Phänomene“ geleistet hätten.
Dieser Nobelpreis markierte den Höhepunkt der ersten Phase seiner wissenschaftlichen Karriere. Josephson war zu diesem Zeitpunkt erst 33 Jahre alt und galt als einer der führenden Köpfe der Festkörperphysik.
Die Bedeutung des Josephson-Effekts reicht jedoch weit über diese Auszeichnung hinaus. Bis heute bildet er die Grundlage für zahlreiche Technologien in der Quantenelektronik und die Konstruktion von Qubits in supraleitenden Quantencomputern.
Karriere und Forschung in Cambridge
Academic Fellow und Dozent
Nach der Veröffentlichung seiner wegweisenden Arbeiten wurde Brian Josephson 1962 zunächst zum Research Fellow des Trinity College in Cambridge ernannt. Diese Position erlaubte ihm, sich ausschließlich der Forschung zu widmen und seine theoretischen Studien zu vertiefen.
Nur wenige Jahre später wurde er Lecturer in Physik an der University of Cambridge – ein außergewöhnlicher Karriereweg, der seine internationale Reputation widerspiegelte. In dieser Rolle übernahm er sowohl Lehraufgaben als auch die Betreuung von Doktoranden.
Josephsons Engagement in der Nachwuchsförderung war geprägt von der Idee, Studierende schon früh an die Grenzen des physikalischen Wissens heranzuführen. Er ermutigte junge Forscher, originelle Fragestellungen zu entwickeln und mathematisch präzise zu formulieren. Zeitzeugen berichten von einem Dozenten, der hohe intellektuelle Ansprüche stellte, aber zugleich großen Wert auf die Förderung individueller Talente legte.
Darüber hinaus war Josephson in mehrere internationale Netzwerke eingebunden, etwa in Konferenzen der Royal Society und der European Physical Society, wo er über aktuelle Fortschritte in der Supraleitung referierte.
Vertiefung der Supraleitungsforschung
Neben seinen Aufgaben als Hochschullehrer konzentrierte Josephson sich auf die Weiterentwicklung der theoretischen Grundlagen der Supraleitung. Er untersuchte insbesondere die Dynamik makroskopischer Quantenphasen und die quantisierte Flußdynamik in Supraflüssigkeiten.
Ein zentrales Thema seiner Arbeiten war die Quantisierung makroskopischer Effekte. Er zeigte, dass in supraleitenden Ringen der magnetische Fluß nur in diskreten Einheiten auftritt, die Vielfache des sogenannten Fluxquantums \Phi_0 sind:
\Phi_0 = \frac{h}{2e}
Diese Beziehung beschreibt das kleinste mögliche Quant magnetischen Flusses in einem geschlossenen supraleitenden System.
Josephsons theoretische Analysen trugen maßgeblich zum Verständnis dieser Quantisierungsphänomene bei und legten den Grundstein für spätere Entwicklungen in der Quantenmetrologie und der Messtechnik auf Basis supraleitender Systeme.
Neben der Supraleitung interessierte er sich zunehmend für Supraflüssigkeiten, also Systeme, in denen Flüssigkeiten bei tiefen Temperaturen ebenfalls makroskopische Quantenzustände einnehmen. In Analogie zur Supraleitung werden auch hier Phasenübergänge und Kohärenzeffekte beobachtet.
Diese Arbeiten verknüpften auf elegante Weise Konzepte aus Festkörperphysik, Quantenmechanik und Thermodynamik – ein interdisziplinärer Ansatz, der Josephsons Denken bis heute prägt.
Die Josephson-Konstante und Definition der Volt-Skala
Eine der nachhaltigsten Folgen seiner Forschung war die Anwendung des Josephson-Effekts zur hochpräzisen Eichung elektrischer Spannungen.
Die Beziehung zwischen Frequenz und Spannung
\nu = \frac{2eV}{h}
erlaubte es, Spannungen über die Messung der Frequenz zu definieren. Um diese Beziehung in der Praxis anzuwenden, wurde die sogenannte Josephson-Konstante eingeführt:
K_J = \frac{2e}{h}
Mit dieser Konstante konnte eine Referenzspannung erzeugt werden, deren Genauigkeit alle bisherigen Methoden übertraf.
Internationale Normungsorganisationen wie das Comité International des Poids et Mesures (CIPM) beschlossen 1990, die Volt-Definition auf Josephson-Spannungsstandards umzustellen. Seither gilt die Josephson-Konstante als Grundlage der internationalen Volt-Skala.
Diese präzise Verbindung von Quantenmechanik und Metrologie verdeutlicht den enormen praktischen Wert der theoretischen Arbeiten Josephsons.
Heute sind Josephson-Spannungsnormale fester Bestandteil der elektrischen Messtechnik. In modernen Laboren können damit Spannungen mit relativen Unsicherheiten im Bereich von 10^{-9} reproduzierbar erzeugt werden.
Die Überführung fundamentaler physikalischer Konstanten in industrielle Standards gilt als eines der herausragenden Beispiele für den Transfer theoretischer Forschung in die Praxis.
Interdisziplinäre Ansätze
Im Verlauf seiner wissenschaftlichen Karriere begann Josephson, sich verstärkt für Grenzgebiete der Physik zu interessieren. Besonders die Übergänge zwischen klassischer Festkörperphysik und Fragen der Quanteninformation zogen seine Aufmerksamkeit auf sich.
Er befasste sich mit der Frage, inwieweit makroskopische Quantenphänomene wie der Josephson-Effekt genutzt werden können, um neuartige Informationsverarbeitungssysteme zu entwickeln. Diese Überlegungen trugen dazu bei, supraleitende Tunnelkontakte als Kandidaten für Quantenbits zu etablieren.
Zudem begann er, interdisziplinäre Kooperationen aufzubauen, etwa mit Forschern der Informatik, der Biophysik und der Philosophie des Geistes. Josephson argumentierte, dass viele konventionelle Konzepte der Physik nicht ausreichten, um die Komplexität emergenter Phänomene zu erklären.
Dieser breite Ansatz war einerseits Quelle innovativer Ideen, andererseits Anlass kontroverser Debatten. Insbesondere seine späteren Arbeiten zur Rolle des Bewusstseins in der Physik stießen in der Scientific Community auf Skepsis.
Gleichwohl verdeutlichen diese interdisziplinären Bestrebungen den Anspruch, die physikalischen Grundlagen nicht nur auf technische Anwendungen zu reduzieren, sondern sie auch in größere erkenntnistheoretische Zusammenhänge einzubetten.
Pionierleistungen für Quantentechnologien
Josephson Junctions als Basis für Qubits
Die Josephson Junction, also der supraleitende Tunnelkontakt, bildet bis heute die Grundlage vieler Architekturen moderner Quantencomputer.
Im Kern besteht eine Josephson Junction aus zwei Supraleitern, die durch eine dünne Isolatorschicht getrennt sind. Aufgrund des Josephson-Effekts kann ein Tunnelstrom fließen, dessen Eigenschaften durch quantenmechanische Phasenbeziehungen bestimmt werden.
Dieser Tunnelkontakt ist ein sogenanntes nichtlineares, verlustfreies Element – eine einzigartige Kombination, die es erlaubt, definierte Quantenzustände zu erzeugen und zu kontrollieren. Für supraleitende Qubits sind genau diese Eigenschaften entscheidend, um eine Superposition zweier Basiszustände stabil zu realisieren.
Ein bekanntes Beispiel ist der Transmon-Qubit, der aus einem Josephson-Kontakt und einem Shunt-Kondensator besteht. Die Hamiltonfunktion dieses Systems kann vereinfacht durch folgende Beziehung dargestellt werden:
H = 4E_C (n - n_g)^2 - E_J \cos(\varphi)
Hierbei bezeichnet E_C die Ladungsenergie, E_J die Josephson-Energie, n die Zahl der Cooper-Paare und \varphi die Phasendifferenz.
Der Einfluss Josephsons reicht jedoch noch weiter: Seine Arbeiten zu den sogenannten Shapiro-Schritten haben gezeigt, dass bei Anlegen einer hochfrequenten Strahlung diskrete Spannungssprünge auftreten. Diese Shapiro-Schritte entstehen, wenn die externe Frequenz in Resonanz mit der internen Josephson-Frequenz steht:
V_n = \frac{nhf}{2e}
Dieser Zusammenhang liefert nicht nur ein präzises Werkzeug für die Kalibrierung, sondern auch eine Grundlage, um supraleitende Qubits gezielt mit Mikrowellen anzuregen und zu steuern.
Heute basieren führende Quantencomputer-Plattformen – unter anderem von IBM, Google und Rigetti – auf diesen Prinzipien. Die Josephson Junction ist damit eines der zentralen Bauelemente der Quantentechnologie geworden.
SQUID-Technologie
Eine weitere bedeutende Anwendung des Josephson-Effekts ist die SQUID-Technologie (Superconducting Quantum Interference Device).
SQUIDs bestehen im einfachsten Fall aus einem supraleitenden Ring mit zwei Josephson Junctions. Wird in diesen Ring ein magnetischer Fluss \Phi eingeschlossen, verändert er die Phasenlage der Wellenfunktionen in den Kontakten. Dadurch entstehen Interferenzeffekte, die den maximalen kritischen Strom modulieren.
Die resultierende Abhängigkeit wird in der sogenannten Fraunhofer-Struktur sichtbar und kann zur hochpräzisen Messung minimaler Magnetfelder genutzt werden. Moderne DC-SQUIDs erreichen Empfindlichkeiten bis hinunter zu 10^{-15} Tesla.
Diese Eigenschaften eröffnen Anwendungen weit über die Physik hinaus:
- In der Magnetoenzephalographie können SQUIDs die winzigen Magnetfelder neuronaler Aktivität im menschlichen Gehirn erfassen.
- In der Geophysik dienen sie der Erkundung von Bodenschätzen und tektonischen Strukturen.
- In der Materialforschung ermöglichen sie die Untersuchung mikroskopischer magnetischer Domänen.
SQUIDs sind zugleich ein Paradebeispiel für die Verknüpfung fundamentaler Quantenmechanik mit praktischen Anwendungen – ein Erbe, das direkt auf Josephsons theoretische Vorarbeiten zurückgeht.
Josephson-Effekte in der Quantenelektrodynamik
Neben der Rolle in Qubits und Magnetometern haben Josephson-Kontakte auch die Entwicklung der Quantenelektrodynamik supraleitender Schaltkreise revolutioniert.
In supraleitenden Mikrowellenschaltkreisen werden Josephson Junctions mit Resonatoren gekoppelt. Diese Systeme zeigen quantisierte Energieniveaus, die sich mit Mikrowellenquanten (Photonen) anregen lassen.
Eine wesentliche Größe in diesem Kontext ist die Josephson-Energie E_J:
E_J = \frac{\hbar I_c}{2e}
Sie bestimmt die Stärke der Kopplung und die Frequenzabstände der Energieniveaus. Die Möglichkeit, E_J gezielt durch das Design der Kontakte einzustellen, ist einer der Schlüsselfaktoren für die Realisierung kohärenter Quantenoperationen.
Zudem erlaubt der Josephson-Effekt die Realisierung sogenannter parametrischer Verstärker, die für die Auslese schwacher Quantenbitsignale unverzichtbar sind. Diese Verstärker arbeiten an der Grenze des quantenmechanischen Rauschens und liefern Signale mit maximaler Empfindlichkeit.
Damit bilden Josephsons Ideen nicht nur die Grundlage der supraleitenden Quanteninformation, sondern haben die Quantenelektrodynamik zu einem eigenständigen Forschungsfeld gemacht.
Kontroversen und neue Perspektiven
Interesse an Bewusstseinsforschung
Nach Jahrzehnten intensiver Forschung in der Festkörperphysik begann Brian Josephson ab den 1970er Jahren, sich stärker mit Fragen des Bewusstseins und seiner möglichen Verbindungen zur Quantenmechanik auseinanderzusetzen.
Diese Abkehr von der reinen Festkörperphysik war für viele seiner Kollegen unerwartet. Josephson vertrat die Auffassung, dass das Bewusstsein nicht unabhängig von den fundamentalen Naturgesetzen betrachtet werden könne. Er vermutete, dass Quantenkohärenz und makroskopische Quantenzustände in bislang unbekannter Weise an der Entstehung subjektiver Erfahrung beteiligt sein könnten.
Um diesen Fragen Raum zu geben, gründete er am Cavendish Laboratory das „Mind–Matter Unification“ Project. Das Projekt zielte darauf ab, theoretische Modelle zu entwickeln, in denen Bewusstsein als emergentes Phänomen physikalischer Prozesse beschrieben werden kann.
Im Mittelpunkt seiner Überlegungen stand die Hypothese, dass die Quantenmechanik nicht nur die Grundlage der Materie sei, sondern auch für mentale Prozesse eine Rolle spielen könne. Diese Idee war stark inspiriert durch Überlegungen von David Bohm, der ebenfalls den Gedanken einer holistischen Physik vertrat.
Für Josephson lag der Reiz dieser Forschung gerade darin, die Grenzen konventioneller Theorien zu überschreiten und neue Perspektiven zu erproben – auch wenn dies bedeutete, sich in eine wissenschaftliche Randposition zu begeben.
Skepsis und Kritik der Scientific Community
Die Reaktionen auf Josephsons Hinwendung zur Bewusstseinsforschung fielen in der Scientific Community überwiegend kritisch aus. Viele Physiker sahen in seinen Hypothesen spekulative Konstrukte, die nicht durch experimentelle Daten untermauert seien.
Besonders die These, Quantenkohärenz spiele eine zentrale Rolle im menschlichen Bewusstsein, wurde scharf angegriffen. Kritiker verwiesen auf die Dekohärenz-Effekte, die makroskopische Quantenzustände in biologischen Systemen in extrem kurzen Zeiten zerstören.
In den 1980er und 1990er Jahren kam es mehrfach zu öffentlichen Auseinandersetzungen, unter anderem um die Vergabe von Fördermitteln. So wurde Josephson vorgeworfen, Ressourcen auf ein Forschungsfeld zu lenken, das keine Aussicht auf empirische Überprüfbarkeit biete.
Diese Kritik spitzte sich zu, als er begann, sich in öffentlichen Vorträgen für die Akzeptanz unorthodoxer Forschungslinien einzusetzen. Zeitweise berichteten große Tageszeitungen darüber, dass ein Nobelpreisträger „sich von der Mainstream-Physik abgewandt“ habe.
Trotz des Widerstands beharrte Josephson auf seinem Standpunkt: Wissenschaft müsse bereit sein, auch unkonventionelle Hypothesen ernsthaft zu prüfen, wenn sie kohärente theoretische Ansätze bieten.
Verteidigung der Forschungsethik
Josephsons Reaktion auf die breite Skepsis war eine konsequente Verteidigung wissenschaftlicher Offenheit. Er argumentierte, dass es keine rationale Grundlage gebe, bestimmte Forschungsrichtungen von vornherein als „unseriös“ auszugrenzen, solange sie auf logischen Überlegungen und präzisen Formulierungen beruhten.
In zahlreichen Artikeln und Vorträgen betonte er die Verantwortung der Forschung, sich nicht ausschließlich an kurzfristigen Anwendungszielen zu orientieren. Gerade die Geschichte der Quantenphysik habe gezeigt, dass zunächst spekulativ erscheinende Konzepte – wie der Welle-Teilchen-Dualismus oder die Nichtlokalität – später empirisch bestätigt werden konnten.
Josephson hielt es daher für legitim, die Hypothese einer Verbindung von Bewusstsein und Quantenmechanik zu verfolgen, auch wenn die technische Umsetzbarkeit entsprechender Experimente zunächst unklar war.
Seine Haltung verdeutlicht ein grundsätzlicheres Plädoyer: Wissenschaft müsse Raum für Risiko, Irrtum und intellektuelle Vielfalt bieten, um langfristig Fortschritt zu ermöglichen.
Reflexion über Erkenntnistheorie
In seinen späten Schriften befasste sich Josephson zunehmend mit erkenntnistheoretischen Fragen der Physik. Er stellte die Frage, ob der Beobachter – also das bewusste Subjekt – wirklich von den beobachteten Prozessen getrennt gedacht werden kann.
Diese Überlegung knüpfte an Diskussionen um das Messproblem der Quantenmechanik an. Schon Niels Bohr und John von Neumann hatten argumentiert, dass die Rolle des Beobachters nicht beliebig von der quantenmechanischen Beschreibung getrennt werden kann.
Josephson entwickelte daraus die These, dass Bewusstsein möglicherweise einen aktiven Beitrag zur Wirklichkeitskonstitution leistet. Er griff damit Gedanken von John Wheeler auf, der in seinem Konzept der „participatory universe“ den Beobachter als elementaren Bestandteil des physikalischen Geschehens sah.
Aus dieser Perspektive ergeben sich tiefergehende Fragen:
- Ist die Trennung von Subjekt und Objekt in der Quantenmechanik haltbar?
- Welche Rolle spielt die Informationsverarbeitung im Bewusstsein für die Emergenz makroskopischer Realität?
- Könnten Phänomene wie Nichtlokalität und Verschränkung mit mentalen Prozessen verbunden sein?
Josephson hat diese Fragen nie als abschließend beantwortet betrachtet. Vielmehr verstand er seine Überlegungen als Einladung zu einer erweiterten Diskussion darüber, wie Physik und Bewusstseinsforschung sich gegenseitig bereichern könnten.
Einfluss auf die Entwicklung moderner Quantentechnologien
Grundlagen für supraleitende Qubits
Die supraleitenden Qubits sind heute eine der erfolgreichsten Plattformen der Quanteninformationstechnologie. Ob Transmons, Flux-Qubits oder Phase-Qubits – alle diese Systeme basieren auf dem Josephson-Effekt.
Ein Transmon-Qubit besteht aus einer Josephson Junction, die mit einem großen Shunt-Kondensator kombiniert wird. Diese Bauform stabilisiert den Qubit-Zustand gegen Störungen durch Ladungsrauschen. Das Hamilton-Formalismus beschreibt dieses System wie folgt:
H = 4E_C (n - n_g)^2 - E_J \cos(\varphi)
E_C ist die Ladungsenergie, E_J die Josephson-Energie, n die Zahl der überschüssigen Cooper-Paare und \varphi die Phasendifferenz über die Junction.
Flux-Qubits hingegen nutzen den quantisierten magnetischen Fluss in supraleitenden Ringen. Der Zustand des Qubits wird hier durch die Richtung des zirkulierenden Superstroms definiert. Diese Zustände können durch Mikrowellenpulse gezielt in Überlagerung gebracht werden.
Phase-Qubits wiederum beruhen auf der gezielten Manipulation der Phasendifferenz über eine Josephson Junction. Die Energiepotentiale dieser Systeme weisen diskrete Niveaus auf, zwischen denen Quantenoperationen durchgeführt werden können.
Alle drei Qubit-Typen haben eines gemeinsam: Sie nutzen die Nichtlinearität und kohärente Dynamik, die nur durch den Josephson-Effekt möglich werden.
Damit ist Josephsons theoretische Vorhersage nicht nur eine historische Kuriosität, sondern die technologische Basis vieler aktueller Quantencomputer-Architekturen.
Integration in Quantencomputer-Architekturen
Die Skalierung supraleitender Qubits zu komplexen Architekturen hat in den vergangenen zehn Jahren enorme Fortschritte gemacht.
Unternehmen wie IBM, Google, Rigetti und Forschungsinstitute weltweit haben supraleitende Josephson-Schaltkreise in programmierbare Quantenprozessoren integriert.
IBM stellte 2016 den IBM Q Experience vor – eine Cloud-Plattform, auf der Nutzer weltweit Zugang zu supraleitenden Qubits erhielten. Diese Systeme beruhen auf Transmon-Qubits, deren Steuerung und Auslese durch Mikrowellenimpulse erfolgt.
Google verfolgte einen ähnlichen Ansatz und entwickelte den Sycamore-Prozessor, der 2019 mit 53 Qubits einen Meilenstein erreichte. Auch hier bilden Josephson Junctions die Basiselemente jedes Qubits.
Die industrielle Umsetzung dieser Architekturen zeigt eindrucksvoll, wie aus Josephsons ursprünglicher Theorie eine Schlüsseltechnologie für die Quanteninformatik wurde. Die Steuerbarkeit, Kohärenzzeiten und Fehlerraten hängen dabei direkt von den Eigenschaften der Josephson-Elemente ab.
Die Präzision, mit der diese supraleitenden Schaltkreise heute gefertigt werden, ist nur durch Jahrzehnte technologischer Verfeinerung der Josephson-Komponenten möglich geworden.
Beiträge zur Präzisionsmesstechnik
Auch in der Messtechnik sind Josephsons Ideen unverzichtbar geworden.
Josephson-Spannungsnormale haben weltweit die Definition der Volt-Skala revolutioniert. Durch die Beziehung
\nu = \frac{2eV}{h}
kann jede Spannung präzise auf eine Frequenzmessung zurückgeführt werden.
In Metrologie-Instituten werden supraleitende Josephson-Arrays betrieben, die aus Tausenden Junctions bestehen. Diese Arrays erzeugen Spannungen mit einer relativen Unsicherheit von weniger als 10^{-9}.
Die internationale Einführung der Josephson-Volt-Standards (Josephson Voltage Standards) im Jahr 1990 zeigt, dass fundamentale Quantenmechanik hier nahtlos in industriellen Maßstab übertragen wurde.
Zusätzlich spielen Josephson-basierte Sensoren eine Rolle in der Thermometrie, Photonik und in der präzisen Charakterisierung elektromagnetischer Felder.
Damit hat der Josephson-Effekt die Grundlagen geschaffen für eine Metrologie, die auf universellen Naturkonstanten und nicht auf Artefakten basiert.
Anwendungsfelder in Biophysik und Neurowissenschaften
Ein weniger bekanntes, aber wachsendes Anwendungsfeld supraleitender Josephson-Technologie liegt in der Biophysik und den Neurowissenschaften.
Besonders die SQUID-Sensorik, die auf Josephson Junctions basiert, ermöglicht die nicht-invasive Messung extrem schwacher Magnetfelder biologischer Systeme.
In der Magnetoenzephalographie werden die Magnetfelder neuronaler Aktivität mit SQUIDs erfasst. Diese Messungen liefern eine räumliche und zeitliche Auflösung, die anderen Methoden weit überlegen ist.
Darüber hinaus eröffnen sich Perspektiven für die Untersuchung von Biomagnetismus im Herz-Kreislauf-System, in der molekularen Diagnostik und der Magnetonanomedizin.
Josephson selbst hat in seinen späten Jahren mehrfach betont, dass die Verschränkung von Quantenphysik und Lebenswissenschaften möglicherweise noch tiefere Zusammenhänge zutage fördern könnte.
Diese Anwendungsspektren zeigen, dass der Einfluss des Josephson-Effekts weit über die Grundlagenphysik hinausgeht.
Würdigungen und Vermächtnis
Internationale Preise und Ehrungen
Die außergewöhnliche Bedeutung von Brian Josephsons Arbeiten wurde durch zahlreiche internationale Auszeichnungen gewürdigt.
Der wohl bekannteste Meilenstein war der Nobelpreis für Physik, den er 1973 im Alter von nur 33 Jahren erhielt. In der Begründung hob das Nobelkomitee hervor, dass Josephson mit der theoretischen Vorhersage der Tunnelströme in Supraleitern ein völlig neues Kapitel in der Physik aufgeschlagen habe.
Neben dem Nobelpreis erhielt er eine Vielzahl weiterer Auszeichnungen:
- 1972 die Hughes Medal der Royal Society für seine Beiträge zur Theorie der Supraleitung.
- Den Fritz London Memorial Prize, der herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Tieftemperaturphysik ehrt.
- Den John Price Wetherill Medal des Franklin Institute für wissenschaftliche Innovation.
Diese Ehrungen unterstreichen die internationale Anerkennung seiner Arbeiten und spiegeln die Einschätzung wider, dass der Josephson-Effekt zu den bedeutendsten Entdeckungen der modernen Festkörperphysik gehört.
Akademische Mitgliedschaften
Parallel zu diesen Auszeichnungen wurde Josephson in zahlreiche akademische Gesellschaften aufgenommen.
Er wurde 1970 zum Fellow der Royal Society gewählt, der renommiertesten wissenschaftlichen Akademie Großbritanniens. Die Aufnahme in diese traditionsreiche Institution ist eine der höchsten Ehrungen, die britischen Wissenschaftlern zuteilwerden kann.
Zudem ist er Mitglied der European Academy of Sciences und der American Physical Society. Diese Mitgliedschaften sind Ausdruck seiner internationalen Vernetzung und seines Einflusses weit über die britische Forschungsszene hinaus.
In zahlreichen Kommissionen, Beiräten und Konferenzen trug Josephson dazu bei, die Entwicklung der Festkörperphysik und Quantentechnologien mitzugestalten.
Zeitgenössische Rezeption
Die Einschätzung Josephsons durch seine Fachkollegen ist vielschichtig. Einerseits gilt er als einer der kreativsten und originellsten Theoretiker seiner Generation. Sein früher Durchbruch mit der Vorhersage des Josephson-Effekts wird bis heute als Paradebeispiel für die Kraft theoretischer Physik betrachtet.
Andererseits führten seine späteren Interessen an der Bewusstseinsforschung und seine unkonventionellen Hypothesen zu kontroversen Debatten. Für viele Physiker war diese Abkehr von der etablierten Forschung schwer nachzuvollziehen.
Trotz dieser Spannungen wird Josephsons wissenschaftlicher Beitrag zur Supraleitung und Quantentechnologie unangefochten anerkannt.
Fachkollegen wie John Clarke oder Michel Devoret würdigten seine Arbeiten als Ausgangspunkt für zahlreiche Entwicklungen – von der SQUID-Technologie bis hin zu den supraleitenden Qubits.
Die Tatsache, dass sein Name heute in Form der Josephson-Konstante K_J = \frac{2e}{h} in die internationale Normung eingegangen ist, zeigt, wie grundlegend seine Arbeit die Metrologie verändert hat.
Nachhaltiger Einfluss auf die Wissenschaft
Das Vermächtnis Brian Josephsons lässt sich nicht nur an Publikationen und Preisen messen. Sein Wirken steht exemplarisch für die Verbindung von theoretischer Physik, technologischer Innovation und erkenntnistheoretischer Neugier.
Als Brückenbauer zwischen Theorie und Technologie hat er gezeigt, wie tiefgreifend theoretische Konzepte die Entwicklung neuer Geräte und Anwendungen prägen können. Ohne seine Vorhersagen gäbe es viele der heute selbstverständlichen Messverfahren und Quantenarchitekturen nicht.
Gleichzeitig erinnert seine Karriere daran, dass Wissenschaft auch die Bereitschaft verlangt, neue Denkwege zu beschreiten – auch auf die Gefahr hin, sich außerhalb des Mainstreams zu bewegen.
Seine Arbeiten haben nicht nur unser Verständnis der Supraleitung revolutioniert, sondern auch ein Forschungsfeld eröffnet, das heute in Quantencomputern, SQUID-Sensoren und ultrapräzisen Spannungsstandards weltweit Anwendung findet.
Schlussbetrachtung
Synthese des wissenschaftlichen Lebenswerks
Brian David Josephson gehört zu den wenigen Wissenschaftlern, deren Name untrennbar mit einem fundamentalen physikalischen Effekt verbunden ist. Die Entdeckung und theoretische Vorhersage der Josephson-Effekte haben nicht nur unser Verständnis der Supraleitung revolutioniert, sondern auch den Grundstein gelegt für Technologien, die heute in Laboren, Industrien und medizinischen Anwendungen unverzichtbar sind.
Seine Gleichungen – von der Strom-Phasen-Relation
I = I_c \sin(\varphi)
bis zur Frequenz-Spannungs-Beziehung
\nu = \frac{2eV}{h}
– zählen zu den elegantesten Formulierungen der modernen Physik. Sie zeigen, dass makroskopische Objekte – wie supraleitende Kontakte – quantenmechanisches Verhalten in präzisester Form offenbaren können.
Darüber hinaus hat Josephson mit der Josephson-Konstante K_J = \frac{2e}{h} ein Fundament geschaffen, auf dem die Präzisionsmesstechnik der heutigen Zeit beruht.
Sein wissenschaftliches Lebenswerk vereint somit theoretische Brillanz mit enormer praktischer Relevanz – ein Vermächtnis, das Generationen von Physikern inspiriert hat und weiter inspirieren wird.
Kontinuitäten und Brüche in der Karriere
Die Karriere Brian Josephsons zeichnet sich durch ein Spannungsfeld aus Kontinuitäten und Brüchen aus. Einerseits ist sie geprägt von der konsequenten Durchdringung der Festkörperphysik und der Supraleitung, andererseits vom Mut, sich jenseits etablierter Paradigmen zu bewegen.
Mit seiner Hinwendung zur Bewusstseinsforschung und seinen Überlegungen zu erkenntnistheoretischen Fragen der Quantenmechanik hat er die Fachwelt irritiert – und zugleich an eine wesentliche Qualität der Wissenschaft erinnert: die Offenheit für unkonventionelle Hypothesen.
Die Verbindung klassischer Physik mit interdisziplinären Denkansätzen mag manchen Beobachter befremdet haben, doch sie ist Ausdruck der intellektuellen Konsequenz, mit der Josephson seine Fragen verfolgte.
Seine Karriere zeigt, dass wissenschaftlicher Fortschritt nicht immer einem linearen Pfad folgt, sondern von Brüchen, Kontroversen und der Bereitschaft zur Selbstkritik lebt.
Ausblick
Das Vermächtnis Brian Josephsons ist vielschichtig: Es reicht von supraleitenden Qubits in den Quantencomputern der Zukunft über SQUID-Sensoren in der Medizin bis zu den Diskussionen über das Verhältnis von Bewusstsein und Physik.
Für künftige Generationen von Physikern liefert seine Arbeit mehrere Lektionen:
- Sie zeigt, wie aus einer einzigen, sorgfältig durchdachten theoretischen Vorhersage ganze Technologiefelder erwachsen können.
- Sie erinnert daran, dass Wissenschaft immer auch den Mut zum Denken jenseits des Gewöhnlichen erfordert.
- Sie mahnt, dass die Frage nach der Natur der Realität noch nicht abschließend beantwortet ist.
Brian Josephson bleibt eine der prägendsten Figuren der modernen Quantentechnologie – ein Wissenschaftler, dessen Einfluss weit über die Grenzen der Supraleitung hinausreicht.
Sein Name steht für die schöpferische Kraft des theoretischen Denkens und den unerschütterlichen Willen, die Welt in all ihren Facetten zu verstehen.
Mit freundlichen Grüßen 
Literaturverzeichnis
Wissenschaftliche Zeitschriften und Artikel
- Josephson, B. D. (1962). Possible new effects in superconductive tunnelling. Physics Letters, 1(7), 251–253.
Erstveröffentlichung der theoretischen Vorhersage des Josephson-Effekts. - Anderson, P. W., Rowell, J. M. (1963). Probable Observation of the Josephson Superconducting Tunneling Effect. Physical Review Letters, 10(6), 230–232.
Experimentelle Bestätigung des Gleichstrom-Josephson-Effekts. - Giaever, I. (1960). Energy Gap in Superconductors Measured by Electron Tunneling. Physical Review Letters, 5(4), 147–148.
Vorarbeit zur Tunnel-Spektroskopie in Supraleitern. - Clarke, J. (1968). Experimental Observation of Pair-Quasiparticle Interference in Superconducting Tunneling. Physical Review Letters, 21(26), 1566–1569.
Erste präzise Messung der Wechselstromkomponente. - Barone, A., Paternò, G. (1971). Physics and Applications of the Josephson Effect. Reviews of Modern Physics, 49(2), 405–452.
Überblicksartikel über Theorie und Anwendung der Josephson-Effekte. - Likharev, K. K. (1979). Superconducting weak links. Reviews of Modern Physics, 51(1), 101–159.
Klassische Referenz über Josephson-Kontakte und schwache Kopplungen. - Devoret, M. H., Wallraff, A., Martinis, J. M. (2004). Superconducting qubits: A short review. arXiv:cond-mat/0411174.
Grundlegende Darstellung der supraleitenden Qubits. - Tinkham, M., Clarke, J. (1972). Theory of the DC and AC Josephson Effects. Physical Review Letters, 28(23), 1366–1369.
Theoretische Vertiefung der Gleichungen. - Nakamura, Y., Pashkin, Y. A., Tsai, J. S. (1999). Coherent control of macroscopic quantum states in a single-Cooper-pair box. Nature, 398(6730), 786–788.
Erste Realisierung eines supraleitenden Qubits. - Mooij, J. E., Orlando, T. P., Levitov, L., Tian, L., van der Wal, C. H., Lloyd, S. (1999). Josephson Persistent-Current Qubit. Science, 285(5430), 1036–1039.
Konzept des Flux-Qubits.
Bücher und Monographien
- Barone, A., Paternò, G. (1982). Physics and Applications of the Josephson Effect. Wiley-Interscience.
Bis heute das Standardwerk zur Theorie und Anwendung der Josephson-Effekte. - Tinkham, M. (2004). Introduction to Superconductivity. 2nd Edition, Dover Publications.
Ausführliche Darstellung der Supraleitung und des Josephson-Effekts. - Clarke, J., Braginski, A. I. (Hrsg.) (2004). The SQUID Handbook – Vol. 1: Fundamentals and Technology of SQUIDs and SQUID Systems. Wiley-VCH.
Technologische Umsetzung der Josephson-Effekte in SQUIDs. - Kadin, A. M. (1999). Introduction to Superconducting Circuits. Wiley-IEEE Press.
Vertiefung für supraleitende Elektronik und Mikrowellenanwendungen. - Devoret, M. H., Schoelkopf, R. J., Girvin, S. M. (2013). Circuit QED: How Strong Can the Coupling Between a Josephson Junction and a Resonator Be? In: Les Houches – Quantum Machines. Oxford University Press.
Darstellung von Quantenelektrodynamik supraleitender Schaltkreise. - Josephson, B. D. (2003). Biological Observer-Participation and Wheeler’s ‚Law without Law‘.
Reflexionen zur Bewusstseinsforschung (Konferenzbeitrag). - Leggett, A. J. (2006). Quantum Liquids: Bose Condensation and Cooper Pairing in Condensed-Matter Systems. Oxford University Press.
Kontext der Supraflüssigkeiten, an dem Josephson beteiligt war.
Online-Ressourcen und Datenbanken
- Nobel Prize Archive:
https://www.nobelprize.org/prizes/physics/1973/josephson/biographical/
Offizielle Biografie und Originalreden zur Nobelpreisvergabe. - Cambridge University, Mind–Matter Unification Project:
http://www.tcm.phy.cam.ac.uk/~bdj10/
Offizielle Website des Projekts zur Verbindung von Physik und Bewusstsein. - NIST (National Institute of Standards and Technology):
https://www.nist.gov/
Informationen zu Josephson-Standards und Metrologie. - IBM Q Experience:
https://quantum-computing.ibm.com/
Beispiele supraleitender Quantencomputer auf Josephson-Basis. - Google AI Quantum:
https://ai.google/research/teams/applied-science/quantum/
Plattformen und Hardware basierend auf Josephson-Qubits. - arXiv Preprint Server:
https://arxiv.org/
Suchportal für aktuelle Preprints zu Josephson-Technologien. - European Physical Society (EPS):
https://www.eps.org/
Archiv der Konferenzbeiträge und Ehrungen.
Hinweis zur Nutzung:
Dieses Literaturverzeichnis ermöglicht eine umfassende Rekonstruktion sowohl der historischen als auch der aktuellen Forschungslage zum Josephson-Effekt und zu Josephsons Arbeiten. Es enthält Primärquellen (Originalaufsätze), Sekundärliteratur (Monographien) und aktuelle Online-Datenbanken, um weiterführende Studien und Recherchen zu erleichtern.