Mathematische Grundlage der Quantenfeldtheorie

Die Quantenfeldtheorie (QFT) stellt das zentrale theoretische Rahmenwerk der modernen Teilchenphysik dar. Sie verbindet zwei der bedeutendsten physikalischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts: die Quantenmechanik und die spezielle Relativitätstheorie. Während die Quantenmechanik die Dynamik einzelner Teilchen beschreibt, bietet die Quantenfeldtheorie eine umfassende Sprache zur Beschreibung von Systemen mit wechselwirkenden Vielteilchenzuständen – insbesondere unter der Voraussetzung relativistischer Invarianz.

Die experimentelle Entdeckung von Phänomenen wie der Erzeugung und Vernichtung von Teilchen, der Streuung hochenergetischer Teilchen und der Existenz von Antimaterie erforderte eine theoretische Grundlage, die über die nichtrelativistische Quantenmechanik hinausgeht. Die klassische Feldtheorie wiederum scheitert an der Beschreibung quantisierter Wechselwirkungen. Hier liefert die QFT nicht nur eine konsistente mathematische Struktur, sondern auch ein Modell, das empirisch durch das Standardmodell der Teilchenphysik mit hoher Genauigkeit bestätigt wurde.

Die mathematischen Grundlagen dieser Theorie sind jedoch weit mehr als bloße Werkzeuge für physikalische Rechnungen. Sie eröffnen tiefere Einsichten in Strukturen der Funktionalanalysis, Distributionstheorie, Operatoralgebra und algebraischer Geometrie. Eine fundierte mathematische Durchdringung der QFT ist daher sowohl für die theoretische Physik als auch für die moderne Mathematik von grundlegender Bedeutung.

Zielsetzung der Abhandlung

Ziel dieser Abhandlung ist es, die zentralen mathematischen Konzepte, Methoden und Strukturen der Quantenfeldtheorie systematisch und prägnant darzustellen. Dabei soll ein Brückenschlag zwischen der physikalischen Intuition und der rigorosen mathematischen Formulierung erfolgen. Der Fokus liegt auf den Grundprinzipien, den axiomatischen Rahmenbedingungen und den Herausforderungen, die sich bei der exakten Formulierung der Theorie ergeben.

Insbesondere werden folgende Ziele verfolgt:

  • Die Darstellung der mathematischen Formulierung klassischer und quantisierter Felder mithilfe des Lagrange- und Hamilton-Formalismus.
  • Die Einführung des Fock-Raums und der damit verbundenen Operatorstrukturen.
  • Die Diskussion axiomatischer Zugänge, wie der Wightman- und Haag-Kastler-Formalisierung.
  • Die Behandlung von Renormierungsverfahren und ihrer mathematischen Kontrolle.
  • Der Ausblick auf moderne mathematische Erweiterungen der Quantenfeldtheorie, etwa in Form topologischer oder supersymmetrischer Modelle.

Diese Zielsetzung soll nicht nur das Verständnis für bereits etablierte Strukturen vertiefen, sondern auch zur kritischen Reflexion über die Grenzen und Potenziale der derzeitigen mathematischen Modellierung anregen.

Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Abhandlung ist in mehrere inhaltlich zusammenhängende Kapitel gegliedert, die in ihrer Gesamtheit ein kohärentes Bild der mathematischen Grundstruktur der Quantenfeldtheorie zeichnen sollen.

Kapitel 3 behandelt die historische und konzeptionelle Entwicklung der Quantenfeldtheorie ausgehend von der klassischen Feldtheorie. Darauf aufbauend führt Kapitel 4 in die mathematische Struktur klassischer Felder und deren Quantisierung ein. Kapitel 5 widmet sich dem Fock-Raum und der Operatoralgebra, einschließlich der algebraischen Quantenfeldtheorie.

Im Anschluss beleuchtet Kapitel 6 den fundamentalen Einfluss von Eichsymmetrien und die mathematische Beschreibung lokaler Invarianz. Kapitel 7 führt in die Störungsrechnung und die mathematisch anspruchsvolle Technik der Renormierung ein.

Kapitel 8 diskutiert aktuelle Herausforderungen der mathematischen QFT sowie nichtstörungstheoretische Zugänge, während Kapitel 9 einen Ausblick auf weiterführende mathematische Entwicklungen über das Standardmodell hinaus bietet.

Den Abschluss bildet Kapitel 10 mit einer Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse und einem Ausblick auf zukünftige Forschungsrichtungen.

Historischer und konzeptioneller Hintergrund

Von der klassischen Feldtheorie zur Quantenfeldtheorie

Die Wurzeln der Quantenfeldtheorie reichen zurück bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, als James Clerk Maxwell die Gleichungen für das elektromagnetische Feld formulierte. Diese Gleichungen führten zur Erkenntnis, dass Licht als Wellenform einer sich selbst erhaltenden elektromagnetischen Störung verstanden werden kann – eine Sichtweise, die tiefgreifende konzeptionelle Folgen für unser Verständnis von Feldern hatte.

Mit dem Aufkommen der Quantenmechanik in den 1920er Jahren wurden mikroskopische Systeme erfolgreich quantenmechanisch beschrieben. Doch zeigte sich bald, dass die Quantenmechanik allein nicht ausreicht, um Prozesse mit Teilchenerzeugung und -vernichtung, wie sie in der Hochenergiephysik auftreten, adäquat zu beschreiben. Dies führte zur Notwendigkeit einer Theorie, in der nicht nur Teilchen, sondern Felder selbst quantisiert werden – der Quantenfeldtheorie.

Maxwellsche Gleichungen, Minkowskische Raumzeit und ihre Feldinterpretation

Die Maxwellschen Gleichungen im Vakuum beschreiben die Dynamik der elektromagnetischen Felder:

<br /> \nabla \cdot \mathbf{E} = 0, \quad \nabla \cdot \mathbf{B} = 0<br />
<br /> \nabla \times \mathbf{E} = -\frac{\partial \mathbf{B}}{\partial t}, \quad \nabla \times \mathbf{B} = \mu_0 \varepsilon_0 \frac{\partial \mathbf{E}}{\partial t}<br />

Diese Gleichungen lassen sich bereits in der klassischen Physik elegant als Feldgleichungen interpretieren, doch erst die Einsicht von Hermann Minkowski (1907), dass Raum und Zeit eine einheitliche vierdimensionale Raumzeit bilden, eröffnete den Weg zur vollständig lorentzinvarianten Beschreibung. Minkowski formulierte das Konzept der Raumzeit als mathematische Struktur mit pseudo-euklidischer Metrik, welche die Grundlage der speziellen Relativitätstheorie bildet:

<br /> ds^2 = -c^2 dt^2 + dx^2 + dy^2 + dz^2<br />

Dies erlaubte es, die Maxwellschen Gleichungen in kovarianter Tensorform zu schreiben – ein entscheidender Schritt zur Entwicklung der relativistischen Feldtheorie. Das elektromagnetische Feld wird dabei durch den antisymmetrischen Feldstärketensor F_{\mu\nu} beschrieben:

<br /> F_{\mu\nu} = \partial_\mu A_\nu - \partial_\nu A_\mu<br />

Die geometrische Sicht Minkowskis bereitete damit nicht nur den Weg zur Relativitätstheorie, sondern auch zur Formulierung aller modernen Feldtheorien in der Sprache der Differentialgeometrie und Lorentz-Invarianz – ein zentrales Prinzip der Quantenfeldtheorie.

Probleme der Quantenmechanik bei Vielteilchensystemen

Die Quantenmechanik beschreibt den Zustand eines Systems durch eine Wellenfunktion \psi(x, t), die der Schrödingergleichung gehorcht:

<br /> i\hbar \frac{\partial}{\partial t} \psi(x, t) = \hat{H} \psi(x, t)<br />

Für ein System mit mehreren Teilchen wächst der Zustandsraum exponentiell mit der Teilchenzahl. Noch gravierender ist jedoch, dass die Quantenmechanik keine Möglichkeit bietet, die Teilchenanzahl dynamisch zu verändern – ein Vorgang, der in Prozessen wie Elektron-Positron-Erzeugung real auftritt. Außerdem ist die Schrödingergleichung nicht invariant unter Lorentz-Transformationen, was sie für relativistische Beschreibungen unzureichend macht.

Diese strukturellen Defizite motivierten die Entwicklung eines formal völlig neuen Ansatzes: einer quantisierten Feldtheorie, in der die Felder selbst zu Operatoren werden.

Erste Konzepte: Dirac, Klein-Gordon, Jordan

Die Pioniere der Quantenfeldtheorie setzten bereits in den 1920er und 1930er Jahren bedeutende Meilensteine. Besondere Beiträge leisteten Paul Dirac, Oskar Klein, Walter Gordon und Pascual Jordan.

Dirac-Gleichung und Quantisierung des Spins

Die Dirac-Gleichung wurde 1928 von Paul Dirac entwickelt, um eine relativistische Wellengleichung für Elektronen zu formulieren, die sowohl die Energie-Impuls-Relation als auch den Spin berücksichtigt. Die Gleichung lautet:

<br /> (i \gamma^\mu \partial_\mu - m)\psi(x) = 0<br />

Hierbei sind \gamma_\mu die Dirac-Matrizen, die die Lorentz-Invarianz sicherstellen, und \psi(x) ist ein vierkomponentiger Spinor. Eine der größten Errungenschaften dieser Gleichung war die natürliche Erklärung des Elektronenspins sowie die Vorhersage der Existenz von Antiteilchen – ein fundamentaler Aspekt der modernen Feldtheorie.

Die Quantisierung des Dirac-Feldes erfolgt mittels antikommutierender Operatoren, da Fermionen dem Pauli-Prinzip gehorchen. Dies führt zum Fock-Raum der Fermionen und zur Einführung von Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Spin-½-Teilchen.

Klein-Gordon-Gleichung für skalare Felder

Die Klein-Gordon-Gleichung war der erste Versuch, eine relativistische Wellenmechanik für Teilchen mit Spin 0 zu formulieren. Sie ergibt sich aus der klassischen Energie-Impuls-Beziehung:

<br /> E^2 = p^2 + m^2 \quad \Rightarrow \quad (\Box + m^2)\phi(x) = 0<br />

mit dem d’Alembert-Operator \Box = \partial^\mu \partial_\mu.

Obwohl sie ursprünglich als Gleichung für das Elektron gedacht war, zeigte sich bald, dass sie unzureichend ist, da sie keine natürlichen Spinfreiheitsgrade erlaubt und zu negativen Wahrscheinlichkeitsdichten führt. Ihre Bedeutung liegt jedoch in der Einführung eines quantisierbaren skalaren Feldes, das als Prototyp für viele Feldmodelle dient – z. B. das Higgs-Feld.

Notwendigkeit einer relativistischen Quantenfeldbeschreibung

Die oben genannten Entwicklungen führten zur Einsicht, dass eine konsistente Beschreibung fundamentaler Teilchenwechselwirkungen eine relativistische und quantisierte Feldtheorie erfordert. Die wesentlichen Gründe dafür sind:

  • Teilchenerzeugung und -vernichtung: Nur durch Feldoperatoren, die auf dem Fock-Raum agieren, können Prozesse mit variabler Teilchenzahl beschrieben werden.
  • Lorentz-Invarianz: Die Theorie muss konsistent mit der speziellen Relativitätstheorie sein; dies erfordert Felder, die sich unter Lorentz-Transformationen korrekt verhalten.
  • Lokale Kausalität: Felder, die an raumartig getrennten Punkten wirken, müssen kommutieren oder antikommutieren – dies wird durch die Mikrokausalitätsbedingung sichergestellt.
  • Eichinvarianz und Symmetrien: Viele fundamentale Kräfte (etwa die elektromagnetische Wechselwirkung) ergeben sich aus lokalen Eichsymmetrien, die tief in der Feldstruktur verankert sind.

Damit ist der Übergang zur Quantenfeldtheorie nicht nur eine technische Erweiterung der Quantenmechanik, sondern ein konzeptioneller Paradigmenwechsel, der tief in den mathematischen Strukturen der modernen Physik verankert ist.

Mathematische Formulierung von Feldern

Klassische Felder und Lagrangedichte

Felder sind Funktionen auf der Raumzeit, die an jedem Punkt physikalische Größen wie Skalare, Vektoren oder Spinoren darstellen. In der klassischen Feldtheorie beschreibt man die Dynamik dieser Felder über die Lagrangedichte, eine Funktion der Felder und ihrer Ableitungen, die das Prinzip der kleinsten Wirkung erfüllt.

Lagrangeformalismus in der Feldtheorie

Der Lagrangeformalismus ist ein variationsprinzipieller Zugang, bei dem die Wirkung S als Integral über die Lagrangedichte L definiert ist:

<br /> S[\phi] = \int d^4x, \mathcal{L}(\phi(x), \partial_\mu \phi(x))<br />

Durch Anwendung des Prinzips der stationären Wirkung,

<br /> \delta S[\phi] = 0<br />

erhält man die Euler-Lagrange-Gleichungen für Felder:

<br /> \frac{\partial \mathcal{L}}{\partial \phi} - \partial_\mu \left( \frac{\partial \mathcal{L}}{\partial(\partial_\mu \phi)} \right) = 0<br />

Diese Gleichungen bestimmen die Dynamik des Feldes. Ein Beispiel ist die Klein-Gordon-Gleichung, die sich aus der Lagrangedichte

<br /> \mathcal{L} = \frac{1}{2} \partial^\mu \phi, \partial_\mu \phi - \frac{1}{2} m^2 \phi^2<br />

ergibt.

Noether-Theorem und Erhaltungssätze

Das Noether-Theorem ist ein zentraler Baustein in der Feldtheorie, da es eine Verbindung zwischen kontinuierlichen Symmetrien und Erhaltungssätzen herstellt. Gilt die Lagrangedichte unter einer kontinuierlichen Transformation \phi \rightarrow \phi + \delta \phi als invariant, so existiert ein zugehöriger Erhaltungsstrom j_\mu, der die Kontinuitätsgleichung erfüllt:

<br /> \partial_\mu j^\mu = 0<br />

Für zeitunabhängige Transformationen ist die zugehörige Erhaltungsgröße (Ladung) gegeben durch:

<br /> Q = \int d^3x, j^0(x)<br />

Beispiele umfassen die Energieerhaltung (Zeittranslationsinvarianz), Impulserhaltung (Raumtranslationsinvarianz) und Drehimpulserhaltung (Rotationsinvarianz). In der Quantenfeldtheorie spielen diese symmetrieerhaltenden Größen eine fundamentale Rolle – insbesondere beim Aufbau von Eichfeldern und beim Studium von Anomalien.

Quantisierung freier Felder

Die Quantisierung überführt klassische Felder in Operatoren auf einem Hilbertraum. Dabei unterscheidet man zwei grundsätzliche Zugänge: die kanonische Quantisierung und den Pfadintegralformalismus. Beide Zugänge führen unter gewissen Voraussetzungen zu äquivalenten physikalischen Aussagen, bieten jedoch unterschiedliche mathematische Perspektiven.

Kanonische Quantisierung

Analog zur Quantenmechanik wird in der kanonischen Quantisierung der klassische Phasenraum durch eine Operatoralgebra ersetzt. Für ein skalare Feld \phi(x) und den zugehörigen Impuls \pi(x) = \frac{\partial L}{\partial (\partial_0 \phi)} gelten die kanonischen Vertauschungsrelationen:

<br /> [\phi(t, \mathbf{x}), \pi(t, \mathbf{y})] = i\hbar \delta^{(3)}(\mathbf{x} - \mathbf{y})<br />

Alle anderen Kommutatoren sind null. Das Feld \phi(x) kann in eine Modenzerlegung geschrieben werden:

<br /> \phi(x) = \int \frac{d^3p}{(2\pi)^3} \frac{1}{\sqrt{2E_p}} \left( a(\mathbf{p}) e^{-ip \cdot x} + a^\dagger(\mathbf{p}) e^{ip \cdot x} \right)<br />

mit E_p = \sqrt{\mathbf{p}^2 + m^2}. Die Operatoren a(p) und a^\dagger(p) sind die Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren, die auf dem Fock-Raum agieren.

Pfadintegralformalismus (Feynman-Formalismus)

Der alternative Zugang zur Quantisierung ist der Pfadintegralformalismus, in dem nicht Operatoren, sondern Funktionalintegrale über alle möglichen Feldkonfigurationen betrachtet werden. Die Übergangsamplitude zwischen zwei Zuständen ist gegeben durch:

<br /> \langle \text{final} | \text{initial} \rangle = \int \mathcal{D}\phi, e^{iS[\phi]/\hbar}<br />

Dieses Konzept generalisiert die klassische Wirkung und erlaubt insbesondere eine anschauliche Interpretation durch Feynman-Diagramme in der Störungstheorie. Trotz seiner heuristischen Kraft erfordert der mathematisch exakte Zugang (etwa über Maßtheorie auf unendlichdimensionalen Räumen) ein hohes Maß an Raffinesse und ist noch nicht vollständig rigoros für allgemeine Wechselwirkungstheorien formuliert.

Spin-statistik-Theorem

Ein fundamentaler mathematischer Satz in der QFT ist das Spin-Statistik-Theorem. Es besagt, dass Teilchen mit halbzahligem Spin (Fermionen) antikommutierenden Feldern zugeordnet sind, während ganzzahlige Spins (Bosonen) kommutierende Felder benötigen. Formal gilt für zwei Felder \phi_1(x) und \phi_2(y) mit gleichem Spin:

  • Für Bosonen:
    <br /> [\phi_1(x), \phi_2(y)] = 0 \quad \text{für } (x - y)^2 < 0<br />
  • Für Fermionen:
    <br /> {\psi_1(x), \psi_2(y)} = 0 \quad \text{für } (x - y)^2 < 0<br />

Diese Mikrokausalitätsbedingungen sichern die Vereinbarkeit der Theorie mit der speziellen Relativitätstheorie und dem Pauli-Prinzip. Der Beweis dieses Satzes setzt analytische Eigenschaften der Wightman-Funktionen voraus und ist tief in der axiomatischen Formulierung der QFT verwurzelt.

Operatoralgebra und Zustandsräume

Fock-Raum und Vielteilchenzustände

Die Struktur der Vielteilchentheorie in der Quantenfeldtheorie basiert auf dem sogenannten Fock-Raum. Dieser stellt die direkte Summe aller n-Teilchen-Hilberträume dar und bildet somit den geeigneten Raum für Zustände mit variabler Teilchenzahl.

Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren

Im Fock-Raum werden Teilchenzustände durch Anwendung von Erzeugungsoperatoren auf das Vakuum erzeugt. Für Bosonen gilt die kanonische Vertauschungsrelation:

<br /> [a(\mathbf{p}), a^\dagger(\mathbf{p}')] = (2\pi)^3 \delta^{(3)}(\mathbf{p} - \mathbf{p}')<br />

sowie

<br /> [a(\mathbf{p}), a(\mathbf{p}')] = [a^\dagger(\mathbf{p}), a^\dagger(\mathbf{p}')] = 0<br />

Analog gilt für Fermionen die kanonische Antikommutatorrelation:

<br /> {b(\mathbf{p}, s), b^\dagger(\mathbf{p}', s')} = (2\pi)^3 \delta^{(3)}(\mathbf{p} - \mathbf{p}') \delta_{ss'}<br />

Die Operatoren a^\dagger(\mathbf{p}) bzw. b^\dagger(\mathbf{p}, s) erzeugen Bosonen bzw. Fermionen im Zustand mit Impuls \mathbf{p} und Spin s.

Der vollständige Fock-Raum lautet:

<br /> \mathcal{F} = \bigoplus_{n=0}^{\infty} \mathcal{H}^{(n)}<br />

wobei \mathcal{H}^{(n)} der symmetrische (für Bosonen) bzw. antisymmetrische (für Fermionen) n-Teilchen-Hilbertraum ist.

Symmetrische und antisymmetrische Zustände

Die Symmetrieeigenschaften der Wellenfunktion sind essenziell für die Unterscheidung zwischen Bosonen und Fermionen. Für Bosonen gilt:

<br /> \psi^{(n)}(\mathbf{x}<em>1, \ldots, \mathbf{x}n) = \psi^{(n)}(\mathbf{x}{\sigma(1)}, \ldots, \mathbf{x}</em>{\sigma(n)})<br />

Für Fermionen:

<br /> \psi^{(n)}(\mathbf{x}<em>1, \ldots, \mathbf{x}n) = (-1)^{\text{sign}(\sigma)} \psi^{(n)}(\mathbf{x}{\sigma(1)}, \ldots, \mathbf{x}</em>{\sigma(n)})<br />

Diese Symmetrieeigenschaften resultieren direkt aus den (Anti-)Kommutatorrelationen der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren.

Algebraische Quantenfeldtheorie (AQFT)

Die algebraische Formulierung (auch Haag-Kastler-Formulierung genannt) betont die Rolle von Operatoralgebren, die bestimmten Raumzeitregionen zugeordnet sind. Diese Sichtweise erlaubt eine axiomatische Behandlung der Quantenfeldtheorie unabhängig von konkreten Feldausdrücken.

Lokale Operatoralgebren

Man assoziiert jeder offenen, beschränkten Raumzeitregion \mathcal{O} eine C*-Algebra \mathcal{A}(\mathcal{O}), die alle beobachtbaren Größen in dieser Region umfasst. Die Kausalstruktur der Raumzeit wird durch die Bedingung der Lokalität implementiert:

<br /> [\mathcal{A}(\mathcal{O}_1), \mathcal{A}(\mathcal{O}_2)] = 0 \quad \text{für raumartig getrennte } \mathcal{O}_1, \mathcal{O}_2<br />

Haag-Kastler-Axiome

Die grundlegenden Axiome der algebraischen QFT nach Haag und Kastler sind:

  • Isotonie:
    \mathcal{O}_1 \subseteq \mathcal{O}_2 \Rightarrow \mathcal{A}(\mathcal{O}_1) \subseteq \mathcal{A}(\mathcal{O}_2)
  • Lokalität:
    <br /> [A, B] = 0 \quad \text{für } A \in \mathcal{A}(\mathcal{O}_1), B \in \mathcal{A}(\mathcal{O}_2), \text{ falls } \mathcal{O}_1 \text{ und } \mathcal{O}_2 \text{ raumartig getrennt sind}<br />
  • Poincaré-Kovarianz:
    Die Zuordnung \mathcal{O} \mapsto \mathcal{A}(\mathcal{O}) ist unter der Poincaré-Gruppe kovariant.
  • Existenz eines Vakuums:
    Es existiert ein zyklischer Vakuumzustand \Omega, der invariant unter Poincaré-Transformationen ist.

Wightman-Axiome und Schwartzräume

Ein paralleler axiomatischer Ansatz ist der Wightman-Formalismus. Die Felder sind dabei als operatorwertige Distributionen definiert:

<br /> \phi(f) = \int d^4x, \phi(x) f(x), \quad f \in \mathcal{S}(\mathbb{R}^4)<br />

Zentrale Forderungen des Wightman-Ansatzes sind:

  • Lorentz-Kovarianz
  • Spektralbedingung (positives Energiespektrum)
  • Mikrokausalität:
    <br /> [\phi(x), \phi(y)] = 0 \quad \text{für } (x - y)^2 < 0<br />
  • Zyklizität des Vakuums:
    Der Vakuumvektor \Omega ist zyklisch bezüglich der Felder.

Verteilungstheorie und Feldausdrücke

Die mathematisch präzise Formulierung der Felder erfordert die Verwendung der Verteilungstheorie, da Produkte und Zeitordnungen von Feldoperatoren als gewöhnliche Funktionen oft divergieren.

Temperierte Distributionen

Felder wie der Feynman-Propagator sind keine regulären Funktionen, sondern temperierte Distributionen, d.h. Elemente des Dualraums \mathcal{S}'(\mathbb{R}^4). Der Feynman-Propagator für ein freies skalare Feld lautet:

<br /> \Delta_F(x - y) = \int \frac{d^4p}{(2\pi)^4} \frac{e^{-ip \cdot (x - y)}}{p^2 - m^2 + i\epsilon}<br />

Diese Distribution erfüllt die Klein-Gordon-Gleichung in Distributionensinne:

<br /> (\Box + m^2) \Delta_F(x - y) = -\delta^{(4)}(x - y)<br />

Wick-Ordnung und Normalordnung

Bei der Berechnung physikalischer Observablen treten divergente Erwartungswerte wie \langle 0 | \phi(x)^2 | 0 \rangle auf. Um diese zu eliminieren, führt man die Normalordnung (auch Wick-Ordnung) ein, bei der alle Erzeugungsoperatoren nach links und alle Vernichtungsoperatoren nach rechts gestellt werden.

Für ein freies Feld ergibt sich etwa:

<br /> :\phi(x)^2: = \phi(x)^2 - \langle 0 | \phi(x)^2 | 0 \rangle<br />

Wick’s Theorem erlaubt es dann, Zeitgeordnetes in Normalgeordnetes plus Kontraktionen zu zerlegen:

<br /> T\left[\phi(x_1)\phi(x_2)\right] = :\phi(x_1)\phi(x_2): + \langle 0 | T[\phi(x_1)\phi(x_2)] | 0 \rangle<br />

Dies ist essenziell für die Konstruktion perturbativer Ausdrücke und die Definition der Wechselwirkungs-Hamiltonians.

Eichsymmetrien und lokale Invarianz

Globale vs. lokale Symmetrien

Symmetrien spielen eine zentrale Rolle in der Formulierung physikalischer Theorien. Eine globale Symmetrie ist eine Transformation, bei der die Parameter über den gesamten Raumzeitbereich konstant sind. Dagegen erlaubt eine lokale Symmetrie die Raumzeitabhängigkeit der Transformationsparameter.

Ein einfaches Beispiel ist die komplexe Skalierung eines skalaren Feldes:

  • Globale U(1)-Symmetrie:
    \phi(x) \rightarrow e^{i\alpha} \phi(x), \quad \alpha \in \mathbb{R}
  • Lokale U(1)-Symmetrie:
    \phi(x) \rightarrow e^{i\alpha(x)} \phi(x)

Während globale Symmetrien mit Erhaltungssätzen durch das Noether-Theorem verbunden sind, führen lokale Symmetrien zur Notwendigkeit der Einführung von Eichfeldern, um die Invarianz der Lagrangedichte aufrechtzuerhalten.

Eichtheorien: Mathematischer Rahmen

Eichtheorien bilden das strukturelle Fundament für das Standardmodell der Teilchenphysik. Sie beruhen auf Prinzipien der Differentialgeometrie und der Gruppentheorie und können elegant mit Hilfe von Faserbündeln und kovarianter Ableitung formuliert werden.

Eichgruppen und Faserbündel

Die zentrale mathematische Struktur einer Eichtheorie ist ein Prinzipalbündel P(M, G), wobei:

  • M die vierdimensionale Raumzeitmannigfaltigkeit ist,
  • G eine Lie-Gruppe (z. B. U(1), SU(2), SU(3)) ist,
  • und P das Gesamtraum-Bündel, auf dem sich die Symmetrieoperationen abspielen.

Ein Zusammenhang (Connection) auf diesem Bündel wird durch das Eichpotenzial A_\mu beschrieben. Eine Eichtransformation wirkt lokal durch:

<br /> A_\mu(x) \rightarrow A'<em>\mu(x) = g(x) A</em>\mu(x) g^{-1}(x) - \frac{i}{g} (\partial_\mu g(x)) g^{-1}(x)<br />

Diese mathematische Struktur führt direkt zur Definition von Eichfeldstärken als Krümmung des Bündels.

Kovariante Ableitung und Eichfeldstärken

Damit die Theorie unter lokalen Transformationen invariant bleibt, ersetzt man die gewöhnliche Ableitung \partial_\mu durch eine kovariante Ableitung D_\mu, die wie folgt definiert ist:

<br /> D_\mu = \partial_\mu + i g A_\mu(x)<br />

Der Kommutator zweier kovarianter Ableitungen definiert die Feldstärkentensor (auch Krümmung):

<br /> F_{\mu\nu} = \frac{i}{g} [D_\mu, D_\nu] = \partial_\mu A_\nu - \partial_\nu A_\mu + i g [A_\mu, A_\nu]<br />

Für U(1) reduziert sich dies auf den elektromagnetischen Feldtensor:

<br /> F_{\mu\nu} = \partial_\mu A_\nu - \partial_\nu A_\mu<br />

Die Yang-Mills-Theorie verallgemeinert diese Struktur auf nichtabelsche Gruppen wie SU(2) oder SU(3), was direkt zur elektroschwachen Wechselwirkung bzw. Quantenchromodynamik führt.

BRST-Symmetrie und Quantisierung von Eichfeldern

Die Quantisierung von Eichtheorien ist aufgrund der Redundanz lokaler Symmetrien (Gauge-Freiheiten) nicht trivial. Direktes Anwenden des Pfadintegrals führt zu divergenten Integralen über Eichäquivalenzklassen. Abhilfe schafft das Einführen von Fixierungsbedingungen und Geistfeldern sowie die Verwendung der BRST-Symmetrie.

Die BRST-Transformation (benannt nach Becchi, Rouet, Stora und Tyutin) ist eine global definierte Fermion-Symmetrie, die auf dem erweiterten Raum aus physikalischen Feldern, Fixierungsfeldern und Geistfeldern definiert ist.

Eine BRST-Transformation s wirkt z. B. auf ein Eichpotenzial A_\mu und das Geistfeld c wie folgt:

<br /> s A_\mu = D_\mu c, \quad s c = -\frac{1}{2} [c, c]<br />

Dabei gilt:

<br /> s^2 = 0<br />

Die physikalischen Zustände der Theorie sind dann als Kozyklen im BRST-Kohomologieraum definiert – d. h. Zustände |\psi\rangle, die s |\psi\rangle = 0 erfüllen, aber nicht selbst |\psi\rangle = s|\chi\rangle sind.

Dieser Zugang stellt sicher, dass nur physikalisch relevante Freiheitsgrade berücksichtigt werden und liefert die korrekte Struktur für die Störungsrechnung in Eichtheorien.

Störungsrechnung und Renormierung

Feynman-Diagramme und perturbative Auswertung

Da die meisten interessanten Quantenfeldtheorien – insbesondere solche mit Wechselwirkungen – nicht exakt lösbar sind, bedient man sich der Störungsrechnung. Hierbei wird die Lösung als formale Potenzreihe in der Kopplungskonstanten entwickelt:

<br /> \langle \mathcal{O} \rangle = \sum_{n=0}^\infty \lambda^n \langle \mathcal{O} \rangle_n<br />

Zur praktischen Berechnung verwendet man Feynman-Diagramme: graphische Repräsentationen der Terme dieser Reihe. Die Knoten (Vertex) stehen für Wechselwirkungen, Linien für Propagatoren (d.h. freie Feldkorrelationen).

Beispiel: Für eine \phi_4-Theorie mit Lagrangedichte

<br /> \mathcal{L} = \frac{1}{2} (\partial_\mu \phi)^2 - \frac{1}{2} m^2 \phi^2 - \frac{\lambda}{4!} \phi^4<br />

enthält der Störungsausdruck Terme mit zunehmender Anzahl an Schleifen, entsprechend wachsender Komplexität und Divergenzverhalten.

Divergenzen und Regularisierungstechniken

Die einzelnen Terme in der Störungsreihe enthalten divergente Integrale. Diese Ultraviolett-Divergenzen treten insbesondere bei Schleifenintegralen auf. Um sie mathematisch zu handhaben, müssen sie zunächst durch eine Regularisierung beherrschbar gemacht werden.

Dimensionsregulierung

Die Dimensionsregulierung ist eine elegante Methode, die Theorie in einem kontinuierlichen Raum mit komplexer Dimension d = 4 - \epsilon zu definieren:

<br /> \int \frac{d^4 p}{(2\pi)^4} \rightarrow \mu^{4 - d} \int \frac{d^d p}{(2\pi)^d}<br />

Hierbei ist \mu eine willkürliche Skala zur Dimensionsanpassung. Divergente Terme erscheinen dann als Pole in \epsilon (z. B. 1/\epsilon). Diese Technik erhält dabei sowohl Lorentz-Invarianz als auch die Eichsymmetrie.

Pauli-Villars-Verfahren

Das Pauli-Villars-Verfahren ersetzt divergente Ausdrücke durch Kombinationen mit schweren, fiktiven Feldern („regulatorische Felder“), sodass divergente Beiträge gegenseitig kompensiert werden:

<br /> \frac{1}{p^2 - m^2} \rightarrow \frac{1}{p^2 - m^2} - \frac{1}{p^2 - M^2}<br />

Im Grenzfall M \to \infty rekonstruiert man die ursprüngliche Theorie, während im Zwischenbereich divergente Terme kontrolliert bleiben. Dieses Verfahren hat historische Bedeutung, wird aber heute meist durch Dimensionsregulierung ersetzt.

Renormierbarkeit und Renormierungsgruppenfluss

Nachdem divergente Terme isoliert wurden, erfolgt ihre Subtraktion und der Ersatz durch messbare Parameter (Masse, Ladung etc.). Dies nennt man Renormierung. Eine Theorie ist renormierbar, wenn alle Divergenzen durch endlich viele Parameter absorbiert werden können.

Wilsons Renormierungsgruppe

Kenneth Wilson entwickelte ein Konzept, das die Abhängigkeit der Theorie von der Skala beschreibt: die Renormierungsgruppe (RG). Das zentrale Konzept ist, dass die Parameter der Theorie (Kopplungskonstanten, Massen) von der Energie- oder Längenskala \mu abhängen:

<br /> \mu \frac{d \lambda(\mu)}{d \mu} = \beta(\lambda)<br />

Diese Gleichung beschreibt den RG-Fluss der Kopplungskonstante \lambda(\mu) durch die Beta-Funktion \beta(\lambda).

Beta-Funktion und asymptotische Freiheit

Die Beta-Funktion gibt an, wie sich die Kopplung mit der Skala verändert. Für viele Theorien gilt:

  • Wenn \beta(\lambda) > 0: Kopplung wächst mit Energie (Landau-Pole).
  • Wenn \beta(\lambda) < 0: Kopplung fällt mit Energie → asymptotische Freiheit.

Die Quantenchromodynamik (QCD) ist ein Paradebeispiel für eine Theorie mit asymptotischer Freiheit. Für SU(3) gilt:

<br /> \beta(g) = -\frac{g^3}{16\pi^2} \left(11 - \frac{2}{3} n_f \right)<br />

mit n_f als Anzahl der Fermion-Flavours. Diese Eigenschaft erklärt, warum Quarks bei hohen Energien frei erscheinen, jedoch bei niedriger Energie „eingesperrt“ sind (Confinement).

Mathematische Herausforderungen und offene Fragen

Exakte Konstruktion von Wechselwirkungsfeldern

Die meisten bekannten Quantenfeldtheorien – einschließlich des Standardmodells – sind nur störungstheoretisch definiert. Das heißt, sie sind als formale Potenzreihen in einer Kopplungskonstanten bekannt, jedoch nicht mathematisch exakt als vollständig definierte Modelle. Die Konstruktion solcher Theorien, insbesondere in vier Dimensionen, ist eine der größten offenen Aufgaben in der mathematischen Physik.

Wightman-Konstruktionen in 2D

In niederdimensionalen Räumen – insbesondere in zwei Raumzeitdimensionen – sind exakte Konstruktionen möglich. Ein bekanntes Beispiel ist die P(φ)^4-Theorie in 1+1 Dimensionen. Diese Modelle können vollständig im Sinne der Wightman-Axiome konstruiert werden.

Für skalare Felder in 2D zeigen sich milderes Divergenzverhalten und bessere Konvergenzeigenschaften, was eine vollständige mathematische Behandlung erlaubt. Die Konstruktion erfolgt z. B. über die Definition des funktionalen Maßes:

<br /> d\mu(\phi) \propto e^{-S[\phi]} \mathcal{D}\phi<br />

mit einer wohldefinierten, endlich normierten Maßstruktur.

Probleme in 4D: Glättung und Konvergenz

In vier Raumzeitdimensionen verschärfen sich die mathematischen Schwierigkeiten:

  • Stärkere UV-Divergenzen erfordern aggressive Regularisierungen.
  • Der Pfadintegralansatz ist nicht mehr wohldefiniert: Das formale Maß \mathcal{D}\phi ist unendlichdimensional und kann meist nicht als Borel-Maß konstruiert werden.
  • Die perturbativen Serien sind nicht konvergent, sondern bestenfalls asymptotisch.

Ein weiteres Problem ist die Nichtkonstruktivität von Renormierungsbedingungen: Sie enthalten divergente Subtraktionen, ohne dass ein unterliegendes Maß oder Operatorprodukt klar definiert wäre. Dies führt zur Suche nach alternativen, nichtstörungstheoretischen Methoden.

Nichtstörungstheoretische Methoden

Zahlreiche Forschungsansätze bemühen sich um mathematisch rigorose Formulierungen jenseits der Störungsrechnung. Zwei Hauptströmungen sind funktionalanalytische Methoden und die algebraische Quantenfeldtheorie im Rahmen von Operatoralgebren.

Funktionalanalytische Verfahren

Diese Verfahren beruhen auf Methoden der Funktionalanalysis, insbesondere auf:

  • Nuklearen Räumen und Gelfand-Tripeln:
    Verwendet zur Definition von operatorwertigen Distributionen auf dichten Teilräumen.
  • Nelson’s Symmetrisierungsverfahren und Glättungsoperationen:
    Dienen zur Konstruktion wohldefinierter Hamilton-Operatoren für Feldmodelle.

Ein grundlegendes Ziel ist es, einen selbstadjungierten Hamilton-Operator H auf einem Hilbertraum \mathcal{H} zu definieren, der alle physikalischen Anforderungen erfüllt (Spektrum, Zustandsevolution, Symmetrien).

C*-Algebren und Tomita-Takesaki-Theorie

Ein vielversprechender Zugang ist die Einbettung der QFT in die Sprache von C-Algebren*. In diesem Rahmen spielt die Tomita-Takesaki-Theorie eine zentrale Rolle. Sie beschreibt die Modularstruktur von Operatoralgebren in Verbindung mit einem Zustand, insbesondere dem Vakuum.

Sei (\mathcal{A}, \Omega) ein paar bestehend aus einer von \Omega erzeugten, zyklischen und separierenden Darstellung der Algebra. Dann existiert ein modularer Automorphismusfluss \sigma_t^\Omega, der tiefgreifende strukturelle Eigenschaften der Theorie offenbart.

Ein bedeutendes Resultat: Für relativistische QFTs in Minkowski-Raum ist die Modularautomorphismengruppe der lokalen Algebra in einem Wedge-Bereich mit der Boost-Gruppe identisch – ein Hinweis auf die Verschränkung von Raumzeitgeometrie und algebraischer Struktur.

Der Weg zur „konstruktiven QFT

Die konstruktive Quantenfeldtheorie ist ein Forschungsprogramm mit dem Ziel, vollständig definierte Modelle der QFT zu konstruieren, die alle physikalischen und mathematischen Axiome erfüllen.

Die Anforderungen sind:

  • Wightman-Axiome oder Haag-Kastler-Axiome müssen erfüllt sein.
  • Es müssen nichtperturbative, wohldefinierte Korrelationen und Operatorprodukte existieren.
  • Die Modelle sollen renormierbar, unitär und kausal sein.

Erfolge in 2D und 3D (z. B. Gross-Neveu-Modell, Thirring-Modell, Ising-Modell) zeigen, dass das Programm konsistent ist. Dennoch bleibt die Konstruktion realistischer, vierdimensionaler Wechselwirkungstheorien – wie z. B. der QED oder QCD – ein ungelöstes mathematisches Problem. Der berühmte Clay-Millennium-Preis für die Existenz eines Yang-Mills-Vakuums mit Masselücke in 4D ist ein Ausdruck dieser Herausforderung.

Ausblick: Mathematische Strukturen jenseits des Standardmodells

Supersymmetrie und Superfelder

Die Supersymmetrie (SUSY) ist eine hypothetische Erweiterung der Raumzeit-Symmetrie, in der Bosonen und Fermionen durch sogenannte Supertransformationen ineinander überführt werden. Mathematisch basiert sie auf einer Erweiterung der Poincaré-Algebra zu einer Superalgebra mit zusätzlichen, antikommutierenden Generatoren Q_\alpha:

<br /> { Q_\alpha, \bar{Q}<em>{\dot{\beta}} } = 2\sigma^\mu</em>{\alpha \dot{\beta}} P_\mu<br />

Hierbei sind \sigma^\mu die Pauli-Matrizen und P_\mu der Impulsoperator. Die algebraische Struktur erzwingt strikte Beziehungen zwischen den Eigenschaften von Bosonen und Fermionen im Modell.

Supersymmetrische Theorien verwenden sogenannte Superfelder, die auf einer erweiterten Raumzeit – dem Superspace – definiert sind, in dem zusätzlich zu den gewöhnlichen Koordinaten x^\mu auch antikommutierende Grassmann-Variablen \theta^\alpha eingeführt werden.

Ein einfaches Beispiel ist das chiral superfield \Phi(x, \theta, \bar{\theta}), das in Komponentenform eine skalare Feldkomponente, einen Weyl-Spinor und ein Hilfsfeld enthält.

Supersymmetrische Theorien zeichnen sich aus durch:

  • Verbesserte Renormierbarkeit
  • Schutzmechanismen gegen Hierarchieprobleme
  • Elegante mathematische Struktur (z. B. BPS-Zustände, Superkonformalität)

Topologische Quantenfeldtheorien

Eine Topologische Quantenfeldtheorie (TQFT) ist eine QFT, deren Observablen nur von topologischen Eigenschaften der Raumzeit abhängen – nicht von ihrer metrischen Struktur. Sie erlaubt die Untersuchung von Invarianten und Objekten aus der Knotentheorie, Low-Dimensional-Topology und Kategorientheorie.

Formale Definition: Eine TQFT ist ein funktorieller Zusammenhang

<br /> Z: \text{Cob}_n \rightarrow \text{Vect}<br />

wobei \text{Cob}_n die Kategorie der n-dimensionalen Mannigfaltigkeiten mit Rand und \text{Vect} die Kategorie der Vektorräume ist. TQFTs ordnen jedem latex[/latex]-dimensionalen Objekt einen Vektorraum und jeder n-dimensionalen „Bordismus“-Fläche eine lineare Abbildung zu.

Beispiele:

  • Chern-Simons-Theorie in 3D, mit Wirkung<br /> S_{\text{CS}} = \frac{k}{4\pi} \int_M \text{Tr} \left( A \wedge dA + \frac{2}{3} A \wedge A \wedge A \right)<br />
  • Donaldson- und Seiberg-Witten-Theorien, die Invarianten für 4-Mannigfaltigkeiten liefern

TQFTs sind auch zentral für die Beschreibung von topologischen Phasen der Materie (z. B. Quanten-Hall-Zustände).

Algebraische Geometrie und QFT

Die moderne Wechselwirkung zwischen algebraischer Geometrie und QFT hat in den letzten Jahrzehnten enorme Tiefe erreicht. Besonders in superkonformen Feldtheorien und topologisch twistbaren Theorien führen Feldinhalte auf Modulräume von Vektorbündeln oder instantonischen Konfigurationen.

Beispiel: In der N=2 Super-Yang-Mills-Theorie ergibt sich der sogenannte Seiberg-Witten-Invariant aus geometrischen Daten über eine sogenannte Seiberg-Witten-Kurve. Diese Kurve ist eine Riemannsche Fläche \Sigma, auf der die dynamischen Moduli der Theorie als geometrische Größen erscheinen.

Weitere Beispiele:

  • Geometrische Langlands-Dualität: Verbindung zwischen Darstellungstheorie, Galois-Theorie und S-Dualität in QFT
  • Spiegelsymmetrie: Korrespondenz zwischen Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten in der Stringtheorie – ein Spiegelbild algebraischer Geometrie in der QFT

Diese Entwicklungen zeigen, wie weit sich die mathematischen Werkzeuge der QFT von klassischen Analysis-Methoden hin zu kategorientheoretischen, schematheoretischen und kohomologischen Konzepten verschoben haben.

Mathematische Aspekte in der Stringtheorie und M-Theorie

Die Stringtheorie postuliert, dass fundamentale Teilchen nicht punktförmig, sondern eindimensionale „Strings“ sind. Die Theorie enthält als Spezialfälle zahlreiche QFTs, ist aber mathematisch weit komplexer.

Die Weltlinien werden durch zweidimensionale konforme Feldtheorien beschrieben. Die quantisierte Wirkung der freien bosonischen Saite lautet:

<br /> S = -\frac{T}{2} \int d^2\sigma , \sqrt{-h} h^{ab} \partial_a X^\mu \partial_b X^\nu \eta_{\mu\nu}<br />

mit T als Saitenspannung, X^\mu(\sigma) als Einbettungsfunktionen, und h_{ab} als Weltblattmetrik.

Einige mathematische Strukturen in der Stringtheorie:

  • Modulräume von Riemannschen Flächen: Zentral für die Pfadintegralformulierung
  • K3-, Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten: Zielräume supersymmetrischer Kompaktifizierungen
  • Vertex Operator Algebras: Algebraischer Formalismus zur Beschreibung von Konformen Feldtheorien

Die weiterführende M-Theorie, die elf Dimensionen einbezieht, führt zu neuartigen geometrischen Strukturen wie G2-Mannigfaltigkeiten, Branes als höherdimensionale Objekte und zur nichtkommutativen Geometrie.

Die mathematische Stringtheorie steht heute an der Grenze von Differentialgeometrie, algebraischer Geometrie, Operatoralgebren und Kategorientheorie – eine Herausforderung und Chance für eine tiefere, einheitliche Theorie der Naturgesetze.

Fazit

Zusammenfassung der zentralen mathematischen Werkzeuge

Die Quantenfeldtheorie basiert auf einem hochkomplexen Gefüge mathematischer Strukturen. Von den klassischen Grundlagen im Lagrange-Formalismus über die Operatorenstrukturen des Fock-Raums, die Verteilungstheorie bis hin zu den axiomatischen Zugängen der algebraischen Quantenfeldtheorie zeigt sich ein breites Spektrum analytischer und algebraischer Methoden.

Zu den zentralen mathematischen Werkzeugen gehören:

  • Variationsprinzipien und Noether-Theoreme, die die Symmetriestruktur mit Erhaltungsgesetzen verknüpfen.
  • Kanonische und Pfadintegral-Quantisierung, die unterschiedliche, aber teils äquivalente Quantenzugänge ermöglichen.
  • Operatoralgebren, insbesondere C-Algebren* und ihre modularen Eigenschaften.
  • Distributionentheorie, um divergente Feldausdrücke mathematisch zu kontrollieren.
  • Renormierung und Renormierungsgruppenfluss, welche die Skalierungsstruktur der Theorien beschreiben.
  • Geometrische Konzepte wie Faserbündel, kovariante Ableitungen und Supergeometrie, die für Eichtheorien und Supersymmetrie unentbehrlich sind.

Diese Werkzeuge bilden gemeinsam eine konsistente Sprache zur mathematisch fundierten Beschreibung von quantisierten Feldern – insbesondere in der Hochenergiephysik.

Relevanz für die moderne Theoretische Physik

Die mathematischen Fundamente der Quantenfeldtheorie sind nicht bloß Hilfsmittel, sondern strukturbildend für das gesamte theoretische Verständnis der Natur:

  • Das Standardmodell der Teilchenphysik ist eine renormierbare, lokal eichtheoretische Quantenfeldtheorie. Ihre mathematische Konsistenz steht und fällt mit der exakten Behandlung von Symmetrien, Operatorprodukten und Regularisierungen.
  • Die mathematische Struktur ist entscheidend für die Interpretation von physikalischen Konzepten wie Ladung, Spin, Anomalien und Zustandsräume.
  • Die QFT bildet das Bindeglied zwischen Experiment und Theorie, von der Quantenchromodynamik über die Elektroschwache Theorie bis hin zur Higgs-Mechanik.
  • In der Kondensierten Materiephysik liefert sie das formale Rückgrat für die Beschreibung kollektiver Phänomene, topologischer Zustände und Phasenübergänge.

Zugleich beeinflusst die mathematische Analyse der QFT neue Felder wie die Quanteninformationstheorie, die Theorie offener Quantensysteme und die mathematische Modellierung in der Gravitation.

Perspektiven für zukünftige mathematische Durchbrüche

Trotz aller Erfolge bleibt die mathematische Quantenfeldtheorie ein Feld mit tiefen, ungeklärten Fragen:

  • Existenzbeweise für vierdimensionale, wechselwirkende QFTs (wie QED, QCD) fehlen. Die konstruktive QFT bleibt ein zentrales Langzeitprojekt.
  • Die mathematische Definition der Stringtheorie ist bislang nur in Spezialfällen bekannt. Eine voll konsistente Nichtstörungstheorie steht aus.
  • Die Quantengravitation verlangt eine Synthese von QFT und Geometrie – ein Ziel, das z. B. durch Loop-Quantum-Gravity, Holographie oder Asymptotic Safety verfolgt wird.
  • Der Einbezug neuer mathematischer Konzepte wie höhere Kategorien, nichtkommutative Geometrie, derived algebraic geometry oder homotopische Methoden könnte die theoretische Physik auf eine neue formale Ebene heben.

Somit bleibt die mathematische Quantenfeldtheorie nicht nur das Rückgrat unseres physikalischen Weltbilds, sondern auch ein aktives, dynamisches Forschungsgebiet, in dem Physik und Mathematik in höchstem Maße wechselseitig befruchtet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg-Owe Schneppat


Literaturverzeichnis

Wissenschaftliche Zeitschriften und Artikel

  • Haag, R., Kastler, D. (1964): An Algebraic Approach to Quantum Field Theory. Journal of Mathematical Physics 5, 848–861.
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  • Seiberg, N., Witten, E. (1994): Electric-Magnetic Duality, Monopole Condensation, and Confinement in N=2 Supersymmetric Yang-Mills Theory. Nuclear Physics B 426, 19–52.
  • Bécchi, C., Rouet, A., Stora, R. (1975): Renormalization of Gauge Theories. Annals of Physics 98, 287–321.
  • Osterwalder, K., Schrader, R. (1973): Axioms for Euclidean Green’s Functions. Communications in Mathematical Physics 31, 83–112.

Bücher und Monographien

  • Peskin, M. E., Schroeder, D. V. (1995): An Introduction to Quantum Field Theory. Addison-Wesley.
  • Weinberg, S. (1995): The Quantum Theory of Fields, Vol. I–III. Cambridge University Press.
  • Streater, R. F., Wightman, A. S. (2000): PCT, Spin and Statistics, and All That. Princeton University Press.
  • Glimm, J., Jaffe, A. (1987): Quantum Physics: A Functional Integral Point of View. Springer.
  • Haag, R. (1996): Local Quantum Physics: Fields, Particles, Algebras. Springer.
  • Baez, J., Munian, J. (1994): Gauge Fields, Knots and Gravity. World Scientific.
  • Deligne, P. et al. (1999): Quantum Fields and Strings: A Course for Mathematicians, Vol. 1–2. American Mathematical Society.

Online-Ressourcen und Datenbanken