Speicher-Qubits bezeichnen spezielle Quantenzustände oder physikalische Systeme, die in erster Linie dazu dienen, Quanteninformation über längere Zeiträume verlustarm aufzubewahren. Im Kern ist ein Speicher-Qubit ein Zwei-Niveau-System, das in der Lage ist, Superpositionen von Basiszuständen stabil zu erhalten und gegen äußere Störungen abzuschirmen.
Formal betrachtet beschreibt man den Zustand eines Speicher-Qubits durch einen Vektor im komplexen Hilbertraum der Dimension zwei:
|\psi\rangle = \alpha|0\rangle + \beta|1\rangle, \quad \text{mit} \quad |\alpha|^2 + |\beta|^2 = 1
Im Unterschied zu flüchtigen Rechen-Qubits, die häufig Operationen und Gate-Manipulationen durchlaufen, liegt der Fokus bei Speicher-Qubits auf der Maximierung der Kohärenzzeit, also der Dauer, über die ein Quantenzustand erhalten bleibt, ohne durch Dekohärenz zerstört zu werden.
Solche Systeme sind essenziell, wenn komplexe Quantenalgorithmen implementiert oder Zustände synchronisiert und zwischengespeichert werden müssen – etwa in Quantenrepeatern, Quanten-Cache-Speichern oder hybriden Architekturen, bei denen verschiedene Qubit-Technologien gekoppelt werden.
Abgrenzung zu Rechen-Qubits und Mess-Qubits
Speicher-Qubits erfüllen im Gesamtsystem von Quantencomputern und Quantenkommunikationsnetzen eine klar umrissene Rolle. Während Rechen-Qubits primär für die aktive Manipulation von Quanteninformation vorgesehen sind – sie durchlaufen Sequenzen aus Gattern, werden in Superpositions- und Verschränkungszustände gebracht und kontinuierlich verändert –, dienen Speicher-Qubits der Erhaltung dieser Zustände.
Mess-Qubits wiederum sind auf die präzise Auslesung optimiert: Sie interagieren mit Rechen-Qubits, um die Ergebnisse einer Quantenoperation in ein klassisches Signal zu überführen.
Diese funktionale Dreiteilung lässt sich schematisch darstellen:
- Rechen-Qubits: dynamische Operationen, Gate-Folge, Logik
- Speicher-Qubits: Zustandskonservierung, Schutz vor Dekohärenz
- Mess-Qubits: Auslesung und Klassifizierung
Das Zusammenspiel dieser drei Typen ist die Grundlage jeder skalierbaren Quantenarchitektur. Ohne effiziente Speicher-Qubits könnten weder große Schaltkreise ausgeführt noch verteilte Quantenoperationen synchronisiert werden.
Bedeutung der Speicher-Qubits für skalierbare Quantencomputer
Je größer und leistungsfähiger ein Quantencomputer werden soll, desto wichtiger wird das Vorhandensein verlässlicher Speicher. Sie übernehmen zentrale Aufgaben:
- Sie verlängern die effektive Lebensdauer logischer Qubits.
- Sie erlauben den Aufbau modularer Quantenprozessoren, in denen Rechenmodule mit Speichermodulen gekoppelt sind.
- Sie machen es möglich, dass fehlerkorrigierte Zustände zeitlich gepuffert und zu synchronisierten Zeitpunkten weiterverarbeitet werden.
- Sie bilden die Grundlage von Quantenrepeatern für Quantenkommunikationsnetze, die auf Langstrecken Verschränkung übertragen.
In aktuellen Experimenten sind Speicher-Qubits häufig der Engpass bei der Realisierung größerer Quantencomputer, da die Dekohärenz-Zeitskalen exponentiell mit der Komplexität des Systems wachsen können. Ein bekanntes Ziel der Forschung ist, Kohärenzzeiten in der Größenordnung von mehreren Sekunden oder länger zu erreichen, während gleichzeitig die Kopplung an Rechen-Qubits so effizient bleibt, dass die Speicherung und Rückübertragung ohne große Verluste gelingt.
Ein weiteres zentrales Kriterium ist die sogenannte Fidelity der Speicherung, also der Erhalt der ursprünglichen Amplituden und Phaseninformation:
F = \langle \psi | \rho | \psi \rangle
Hierbei beschreibt \rho die Dichteoperator-Repräsentation des tatsächlich gespeicherten Zustands nach einer gewissen Zeit.
Historische Entwicklung: Von ersten Speicherkonzepten bis zu modernen Architekturen
Die Idee, Quanteninformation über längere Zeiträume zu speichern, reicht bis in die frühen 1990er-Jahre zurück, als erste Experimente mit atomaren Zuständen und supraleitenden Resonatoren gezeigt haben, dass Kohärenzzeiten über Mikrosekunden hinaus prinzipiell erreichbar sind.
Ein Meilenstein war der Einsatz sogenannter 3D-Mikrowellenkavitäten, in denen supraleitende Resonatoren den Zustand eines Qubits elektromagnetisch einkoppeln und über viele Millisekunden konservieren konnten. Parallel dazu entwickelten sich Speicheransätze auf Basis von Ionenfallen, NV-Zentren in Diamant und photonischen Speichern.
Besonders bedeutend war die Einführung des Bosonischen Codes, mit dem Fehler in Oszillator-Zuständen systematisch erkannt und korrigiert werden können. Solche Verfahren markieren den Übergang von einfachen passiven Speichern hin zu aktiv stabilisierten Speicher-Qubits, die sich für logische Qubits in größeren Quantenrechnern eignen.
Heute verfolgen Forschungsgruppen weltweit unterschiedliche Ansätze:
- supraleitende Speicher-Qubits in Resonatoren
- Spinbasierte Speicher-Qubits in Festkörperdefekten
- optische Speicher-Qubits in Glasfasern und Quantenpunkten
- topologische Speicher-Qubits, die Majorana-Zustände nutzen
Jeder dieser Ansätze hat Vor- und Nachteile in Bezug auf Kohärenzzeit, Integrationsfähigkeit und Skalierbarkeit. Die Weiterentwicklung effizienter Speicher bleibt eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg zu universellen, fehlertoleranten Quantencomputern.
Theoretische Grundlagen von Speicher-Qubits
Speicher-Qubits sind mehr als nur passive Container für Quanteninformation – sie sind integraler Bestandteil eines Gesamtsystems, das Präzision, Stabilität und kontrollierbare Kopplung vereint. Die theoretischen Grundlagen betreffen daher sowohl die fundamentale Natur von Quantenzuständen als auch spezielle Mechanismen, um ihre Kohärenz aufrechtzuerhalten.
Definition und Charakteristika
Speicher-Qubits lassen sich definieren als physikalische Systeme, deren primäre Aufgabe es ist, einen Quantenzustand über eine signifikant längere Zeit als typische Gate-Zeiten zu bewahren. Dabei stehen drei Eigenschaften im Vordergrund:
- Speicherzeit und Kohärenzzeit
- Fidelity und Fehlerraten
- Architektur als passiver oder aktiver Speicher
Speicherzeit und Kohärenzzeit
Die Speicherzeit beschreibt, wie lange ein Qubit nutzbar bleibt, bevor es thermisch oder anderweitig relaxiert. Häufig wird unterschieden zwischen:
- T_1: Die Zeit, nach der ein angeregter Zustand mit Wahrscheinlichkeit 1 - 1/e in den Grundzustand relaxiert (Energieverlust).
- T_2: Die Zeit, in der die Phaseninformation in einer Superposition erhalten bleibt (Dekohärenz).
In idealisierten Szenarien gilt:
T_2 \le 2 T_1
In der Praxis bestimmen Rauschen, Materialdefekte oder Umgebungsfluktuationen, wie groß diese Zeitkonstanten tatsächlich sind. Speicher-Qubits zeichnen sich dadurch aus, dass sie gegenüber Rechen-Qubits um Größenordnungen längere T_2-Zeiten erreichen können. Beispielsweise berichten Experimente mit NV-Zentren in Diamant von Kohärenzzeiten im Bereich von Sekunden bei kryogenen Temperaturen.
Fidelity und Fehlerraten
Ein wichtiges Maß für die Qualität eines Speicher-Qubits ist die Fidelity des gespeicherten Zustands. Sie beschreibt, wie gut der ursprüngliche Zustand nach einer bestimmten Speicherzeit rekonstruiert werden kann:
F = \langle \psi | \rho(t) | \psi \rangle
Hier ist \rho(t) die zeitabhängige Dichteoperator-Darstellung des Systems. Fehler entstehen durch Relaxation, Dekohärenz und unkontrollierte Kopplung mit der Umgebung.
Die "Fehlerrate" pro Zeitintervall ist daher eng mit den Ratenkonstanten für Energieverlust und Phasenrauschen verknüpft:
\Gamma_{\text{error}} \approx \frac{1}{T_2}
In modernen Speicherexperimenten liegt die Fehlerrate oft bei weniger als 1 % pro Millisekunde.
Passive vs. aktive Speicher-Qubits
Man unterscheidet:
- Passive Speicher-Qubits: Stabilität durch intrinsische Isolation, z. B. Spins in reinem Diamant.
- Aktive Speicher-Qubits: Stabilisierung durch kontinuierliche Korrektur oder Feedback, z. B. bosonische Codes in supraleitenden Kavitäten.
Aktive Speicher sind aufwendig, bieten aber langfristig den Vorteil einer fehlertoleranten Speicherung durch kontrollierte Fehlerkorrekturzyklen.
Quanteninformation und Zustandsbewahrung
Speicher-Qubits erfüllen eine fundamentale Rolle: Sie erlauben es, Quanteninformation in Form von Superpositions- und Verschränkungszuständen verlustarm zu konservieren.
Superposition und Dekohärenz
Ein Speicher-Qubit wird in der Regel in einen Superpositionszustand präpariert:
|\psi\rangle = \alpha |0\rangle + \beta |1\rangle
Dieser Zustand ist empfindlich gegenüber jeder Wechselwirkung mit der Umgebung. Dekohärenzprozesse führen dazu, dass die Off-Diagonal-Elemente der Dichtematrix exponentiell abfallen:
\rho(t) = \begin{pmatrix} |\alpha|^2 & \alpha \beta^* e^{-t/T_2} \ \alpha^* \beta e^{-t/T_2} & |\beta|^2 \end{pmatrix}
Die exponentielle Abnahme der Kohärenz stellt das Hauptproblem beim Speichern von Quanteninformation dar.
Rolle von Fehlertoleranz und Quantum Error Correction
Ohne Korrekturmaßnahmen sinkt die Fidelity mit wachsender Speicherzeit. Daher sind Quanten-Fehlerkorrekturprotokolle essenziell. Sie basieren auf der Kodierung des logischen Qubits in mehreren physikalischen Qubits:
- Shor-Code
- Steane-Code
- Surface Code
Beispielsweise schützt der Surface Code einen logischen Zustand durch ein zweidimensionales Gitter aus physikalischen Qubits, in dem periodisch Syndrommessungen durchgeführt werden.
Zusammenhang mit dem No-Cloning-Theorem
Speicher-Qubits sind besonders anspruchsvoll, weil Quanteninformation nicht einfach redundant kopiert werden kann. Das "No-Cloning-Theorem" besagt:
Es gibt keinen universellen Operator \hat{U}, der für alle |\psi\rangle:
\hat{U} \bigl( |\psi\rangle \otimes |0\rangle \bigr) = |\psi\rangle \otimes |\psi\rangle
erfüllt.
Deshalb muss jeder Speicher robust sein, ohne auf klassische Kopien zurückgreifen zu können. Das macht die fehlerkorrigierte Speicherung zu einer der größten Herausforderungen in der Quanteninformationstheorie.
Physikalische Modelle
Speicher-Qubits werden auf Basis verschiedener physikalischer Plattformen realisiert.
Zwei-Niveau-Systeme als Speicher
Die einfachste Realisierung ist ein isoliertes Zwei-Niveau-System. Beispiele:
- Spinzustände in NV-Zentren
- Hyperfeinstrukturzustände in gefangenen Ionen
- Elektronenspin-Resonanz in Quantenpunkten
Solche Systeme modelliert man mit der Hamilton-Funktion:
H = \frac{\hbar \omega_0}{2}\sigma_z
wobei \omega_0 die Resonanzfrequenz ist.
Bosonische Codes und Qudit-Ansätze
Eine fortschrittlichere Strategie nutzt "bosonische Codes", also unendlichdimensionale Zustände eines harmonischen Oszillators. Diese Codes erlauben eine Fehlerkorrektur gegen Phasen- und Energieverluste. Ein bekanntes Beispiel ist der cat code, in dem kohärente Superpositionen von Oszillatorzuständen verwendet werden:
|\mathcal{C}{\pm}\rangle = \mathcal{N}{\pm} \bigl(|\alpha\rangle \pm |-\alpha\rangle \bigr)
Hier bezeichnet |\alpha\rangle einen kohärenten Zustand.
Bosonische Codes lassen sich in Mikrowellenresonatoren implementieren und aktiv stabilisieren, wodurch Kohärenzzeiten von mehreren Millisekunden erreicht wurden.
Topologische Stabilität (z. B. Majorana-Moden)
Ein besonders vielversprechender Ansatz ist die Nutzung topologisch geschützter Zustände. In Systemen mit Majorana-Quasiteilchen können nichtlokale Zustände realisiert werden, die intrinsisch gegen lokale Störungen geschützt sind.
Die Speicherinformation ist in der "topologischen Degeneration" kodiert, also in der nichtlokalen Parität zweier Majorana-Moden. Solche Zustände können in supraleitenden Nanodrähten erzeugt werden, die mit einem s-Wellen-Superleiter hybridisiert sind.
Die wesentliche Eigenschaft ist, dass lokale Rauscheinflüsse nicht ohne weiteres den globalen Quantenzustand verändern. Dies eröffnet Perspektiven auf Speicher-Qubits mit sehr langer Lebensdauer.
Technologische Implementierungen
Die Vielfalt der Ansätze, Speicher-Qubits physikalisch zu realisieren, illustriert die Breite des Forschungsfelds. Jede Technologie bringt eigene Stärken und Herausforderungen mit. Im Folgenden werden die vier zentralen Implementierungsstrategien vorgestellt.
Supraleitende Speicher-Qubits
Supraleitende Quantenschaltungen gehören heute zu den leistungsfähigsten Plattformen, insbesondere in Verbindung mit Resonatoren und Mikrowellenkavitäten.
Resonator-basierte Speicher
Die Grundidee resonatorbasierter Speicher besteht darin, einen supraleitenden Transmon-Qubit mit einem hoch-Q-Resonator zu koppeln. Der Resonator fungiert als Speicher, der den Quantenzustand elektromagnetisch speichert.
Die Wechselwirkung wird durch den Jaynes-Cummings-Hamilton beschrieben:
H = \hbar \omega_r a^\dagger a + \frac{\hbar \omega_q}{2} \sigma_z + \hbar g (a^\dagger \sigma_- + a \sigma_+)
Hierbei ist:
- \omega_r: Resonatorfrequenz
- \omega_q: Qubitfrequenz
- g: Kopplungsstärke
- a^\dagger, a: Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren
Durch parametrisierte Pulse kann der Zustand zwischen Qubit und Resonator getauscht werden.
Experimentell wurden Kohärenzzeiten des Resonators über 500 Mikrosekunden demonstriert – mehrere Größenordnungen länger als typische Gate-Zeiten.
3D-Mikrowellenkavitäten
Ein bedeutender Fortschritt war die Einführung von 3D-Kavitäten aus supraleitendem Aluminium. Die hohe mechanische Stabilität, das reduzierte Oberflächenrauschen und die hohe Güte führten zu drastisch verlängerten Lebensdauern gespeicherter Zustände.
3D-Kavitäten erreichen Q-Faktoren über eine Million und gestatten damit die Speicherung kohärenter Zustände über mehrere Millisekunden. Ein bekanntes Beispiel ist die Yale-Architektur, in der ein Transmon-Chip in eine Kavität eingebettet wird.
Verkopplung mit Transmon-Qubits
Die Kopplung an Transmons ist entscheidend, um den Speicher aktiv anzusprechen. Dabei wird der Zustand des Transmons in den Resonator geschrieben, gespeichert und später wieder ausgelesen.
Das Transferprotokoll basiert auf einem kontrollierten Swapping der Anregung:
|\psi\rangle_{\text{Transmon}} \otimes |0\rangle_{\text{Resonator}} \quad \xrightarrow{\text{SWAP}} \quad |0\rangle_{\text{Transmon}} \otimes |\psi\rangle_{\text{Resonator}}
Solche Swaps können mit hoher Fidelity durchgeführt werden, erfordern jedoch extrem präzise Steuerung der Pulsformen.
Ionenfallen und optische Speicher
Neben supraleitenden Systemen gelten gefangene Ionen und photonische Speicher als besonders robuste Kandidaten.
Langzeitkohärenz in Ionenfallen
Gefangene Ionen in elektromagnetischen Potentialen bieten ein nahezu perfektes Vakuumumfeld und minimalen Störeinfluss. Zustände in Hyperfeinstrukturübergängen erreichen Kohärenzzeiten von bis zu Minuten.
Ionenfallen ermöglichen:
- hochpräzise Laseradressierung
- lange Speicherzeiten
- Verschränkung über photonische Schnittstellen
Beispielhaft sind Experimente am NIST Boulder und der Universität Innsbruck, die Protokolle zur Speicherung und Übertragung von Zuständen zwischen Ionen demonstriert haben.
Photonische Speicherqubits in optischen Fasern
Ein anderer Ansatz basiert auf Lichtquanten. Photonen sind ideale Träger von Quanteninformation, da sie kaum wechselwirken und über Kilometer verlustarm transportiert werden können.
Allerdings muss ihre Speicherung über Nichtlinearitäten oder Speichermedien erfolgen – z. B.:
- EIT (Electromagnetically Induced Transparency) in kalten Atomen
- photonische Speicher in optischen Kristallen
- Glasfaser-basierte Verzögerungslinien
Solche Speicherprotokolle bilden das Rückgrat künftiger Quantenkommunikationsnetze.
Quantenrepeater und Speicherprotokolle
Die Kombination aus photonischen Kanälen und langlebigen Speichern ermöglicht den Bau von Quantenrepeatern. Ein Quantenrepeater gliedert die Strecke in Abschnitte, erzeugt dort Verschränkung, speichert diese in einem Speicher-Qubit und verbindet sie später zu einer Gesamtsuperposition.
Zentrale Komponenten sind:
- Heralded Entanglement
- Bell-State-Measurements
- Speicher mit hoher zeitlicher Stabilität
Diese Architektur wird entscheidend sein, um ein globales Quanteninternet zu realisieren.
Spinbasierte Speicher
Spins in Festkörpern bieten hervorragende Stabilität und sind über Magnetresonanz präzise kontrollierbar.
NV-Zentren in Diamant
Das Stickstoff-Fehlstellenzentrum (NV-Zentrum) in Diamant gehört zu den bekanntesten spinbasierten Speichern. Der Elektronenspin kann mittels Mikrowellen- und Laserfeldern manipuliert und gelesen werden.
Vorteile:
- Kohärenzzeiten bis zu Sekunden bei tiefen Temperaturen
- optische Auslese
- Integration in Chips
Die Speicherfunktion wird durch Pulssequenzen wie dynamische Entkopplung stabilisiert.
Kernspins als langlebige Speicher
In der Umgebung eines NV-Zentrums befinden sich Kernspins (z. B. ^{13}C), die noch stabiler sind. Durch kontrollierte Kopplung lassen sich Quantenzustände vom Elektronenspin auf den Kernspin übertragen:
| \psi \rangle_{\text{Electron}} \otimes |0\rangle_{\text{Nuclear}} \xrightarrow{\text{SWAP}} |0\rangle_{\text{Electron}} \otimes | \psi \rangle_{\text{Nuclear}}
Dadurch werden Speicherzeiten im Sekunden- bis Minutenbereich erreichbar.
Elektronenspinresonanz (ESR)
Elektronenspinresonanz dient als präzises Werkzeug zur Adressierung von Spins in Halbleitern, Molekülen und Quantenpunkten. ESR wird genutzt, um den Zustand präzise einzustellen und auszulesen. Speicher-Qubits auf ESR-Basis kombinieren die Vorteile großer Kohärenzzeit mit Mikrowellenkontrolle.
Quantenpunkte und Halbleiter
Halbleiter-Nanostrukturen bieten skalierbare Plattformen, die sich in bestehende Technologien integrieren lassen.
Elektronenladungszustände
In Quantenpunkten können Elektronen gefangen und ihre Ladungs- oder Spinzustände als Qubit genutzt werden. Durch Tunneln zwischen benachbarten Punkten lassen sich Speicheroperationen durchführen.
Kohärenzzeiten sind allerdings oft begrenzt durch:
- elektrische Rauschquellen
- Kopplung an phononische Modi
Fortschritte in Materialreinheit und Gating-Architektur haben jedoch erhebliche Verbesserungen gebracht.
Quantenpunkt-Kombinationen mit supraleitender Kopplung
Besonders interessant sind hybride Systeme, in denen Quantenpunkte mit supraleitenden Resonatoren gekoppelt werden. Das ermöglicht:
- schnelle Ladungskontrolle
- Transfer in hoch-Q-Resonatoren als Speicher
- Integration in komplexe Schaltungen
Solche Kombinationen gelten als vielversprechender Weg, Speicher-Qubits skalierbar in Halbleitertechnologien zu implementieren.
Speicherkapazität, Fehlerquellen und Stabilisierung
Speicher-Qubits entfalten ihr Potenzial erst dann, wenn ihre Charakteristika systematisch gemessen, ihre Fehlerquellen identifiziert und geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Dieser Abschnitt beschreibt, wie Kohärenzzeiten quantifiziert, Dekohärenzmechanismen analysiert und Speicherzustände stabilisiert werden.
Kohärenzzeit: Messmethoden und Limitierungen
Die fundamentalen Zeitkonstanten, die die Lebensdauer eines Speicher-Qubits bestimmen, sind die Relaxationszeit T_1 und die Dekohärenzzeit T_2.
T1- und T2-Zeiten
- T1-Zeit (Energie-Relaxation):
Zeit, in der ein angeregter Zustand |1\rangle in den Grundzustand |0\rangle relaxiert. Experimentell bestimmt durch Inversion-Recovery-Sequenzen:
- Das Qubit wird in den angeregten Zustand präpariert.
- Nach einer variablen Zeit \tau wird der Zustand gemessen.
- Die Relaxationskurve folgt: P_1(\tau) = e^{-\tau/T_1}
- T2-Zeit (Verlust der Phaseninformation): Zeit, in der eine Superposition zerfällt. Gemessen über Ramsey- oder Spin-Echo-Sequenzen. Für Ramsey gilt: C(\tau) = e^{-\tau/T_2^} Mit dynamischer Entkopplung lässt sich T_2^ verlängern, sodass der Grenzwert T_2 \approx 2 T_1 erreicht werden kann.
Je größer diese Zeitkonstanten, desto größer die Speicherkapazität – denn sie definieren, wie lange Quanteninformation verlässlich konserviert bleibt.
Prozess-Tomografie
Neben der Messung der Lebensdauer wird die Qualität der Speicherung über die Prozess-Tomografie erfasst. Dabei wird der vollständige Quantenzustand nach einer Speicherperiode rekonstruiert.
Ein Beispiel: Man präpariert vier unabhängige Zustände: |0\rangle,\quad |1\rangle,\quad |+\rangle = \frac{|0\rangle + |1\rangle}{\sqrt{2}},\quad |+i\rangle = \frac{|0\rangle + i|1\rangle}{\sqrt{2}}
Anschließend wird die Dichtematrix \rho(t) rekonstruiert, um die Fidelity und eventuelle Verzerrungen zu bestimmen. Prozess-Tomografie ist ein zentrales Werkzeug, um Speicherprotokolle zu kalibrieren.
Dekohärenzmechanismen
Selbst perfekte Isolation kann nicht verhindern, dass Speicher-Qubits mit der Umwelt wechselwirken. Zu den wichtigsten Dekohärenzquellen gehören:
Phononenkopplung
In Festkörpern interagieren die Zustände von Qubits mit Gitterschwingungen. Diese Phononenkopplung führt zu Energie- und Phasenverlust:
- Relaxation durch spontane Emission von Phononen
- Streuung und Dephasierung
Die Kopplung wird beschrieben durch Hamilton-Terme wie:
H_{\text{int}} = \sum_k g_k (a_k + a_k^\dagger) \sigma_z
wo g_k die Kopplungsstärke zu Phononmodus k ist.
Elektromagnetisches Rauschen
Fluktuierende elektromagnetische Felder stören die Frequenzstabilität der Qubit-Übergänge. Quellen sind:
- thermisches Rauschen
- technische Rauschen aus Verstärkern und Leitungen
- 1/f-Rauschen an Materialgrenzen
Diese Störungen manifestieren sich besonders stark in Ladungs-Qubits und beeinflussen T_2.
Fluktuationen in Steuerungssignalen
Steuerimpulse sind nie perfekt stabil. Kleine Variationen in Pulsamplitude, -dauer oder -phase führen zu Fehlern bei der Übertragung und Rückholung von Zuständen.
Eine wichtige Kenngröße ist die Gate-Fidelity des SWAP-Protokolls:
F_{\text{SWAP}} = \langle \psi | \mathcal{E}_{\text{SWAP}} (|\psi\rangle \langle \psi|) | \psi \rangle
wobei \mathcal{E}_{\text{SWAP}} den realisierten Prozess bezeichnet.
Stabilisierungstechniken
Um die Speicherqualität nachhaltig zu verbessern, werden drei zentrale Stabilisierungsmethoden eingesetzt.
Dynamische Entkopplung
Durch Sequenzen von inversen Pulsen wird die Dekohärenz unterdrückt. Beispiel: Carr-Purcell-Meiboom-Gill (CPMG)-Sequenz.
Ablauf:
- Erzeugung einer Superposition.
- Wiederholte π-Pulse im Abstand τ.
- Konstruktive Interferenz der Phasenfehler kompensiert Rauschen.
Mathematisch lässt sich die Kohärenzzeit effektiv verlängern:
T_2^{\text{eff}} \propto N^{\alpha}
mit N = Anzahl der Pulse, \alpha \approx 0.5 - 1.
Feedback und aktive Fehlerkorrektur
Speicherzustände können aktiv überwacht werden, indem Syndrommessungen durchgeführt und Fehler rückkorrigiert werden.
Beispiele:
- Stabilisierung eines Bosonischen Codes durch photonische Paritätsmessungen.
- Echtzeit-Feedback in supraleitenden Resonatoren.
Solche Verfahren erhöhen die Speicherzeiten um Größenordnungen, sind jedoch experimentell sehr anspruchsvoll.
Kodierung in fehlerresistenten Zuständen
Durch Kodierung der logischen Information in speziellen Zuständen kann Dekohärenz intrinsisch reduziert werden.
Beispiel: Cat-Codes im Resonator:
|\mathcal{C}\alpha^\pm \rangle = \mathcal{N}\pm \bigl( |\alpha\rangle \pm |-\alpha\rangle \bigr)
Diese Zustände sind stabiler gegenüber Photonverlust, weil der Fehler (Verlust eines Photons) sich als Vorzeichenwechsel manifestiert, der erkannt und korrigiert werden kann.
Anwendungen von Speicher-Qubits
Speicher-Qubits spielen eine tragende Rolle in modernen Quanteninformationssystemen. Sie schaffen die Grundlage, um komplexe Algorithmen umzusetzen, verteilte Kommunikation zu ermöglichen und modulare Architekturen zu realisieren. Im Folgenden werden die zentralen Anwendungsfelder beleuchtet.
Zwischenspeicherung in Quantenalgorithmen
Verzögerte Messungen
In vielen Quantenalgorithmen wird der Zeitpunkt der Messung gezielt verzögert, um erst zu einem späteren Berechnungsschritt Informationen auszulesen. Speicher-Qubits übernehmen hier die Aufgabe, einen Zustand nach einer logischen Operation zwischenzuspeichern, bis das Gesamtsystem bereit für die Auswertung ist.
Ein Beispiel ist die Quantenphasenabschätzung, bei der Eigenzustände gespeichert werden, bevor eine endgültige Projektion erfolgt.
Die Zwischenspeicherung ist dabei keineswegs trivial: Das Qubit muss den Superpositionszustand mit hoher Fidelity bewahren, während im Rest des Prozessors weitere Operationen laufen.
Die Prozedur lässt sich schematisch darstellen:
|\psi\rangle \xrightarrow{\text{Entanglement}} |\Psi_{\text{global}}\rangle \xrightarrow{\text{Partial Measurement}} \text{Storage in } Q_s
Hier ist Q_s das Speicher-Qubit, das den Zustand konserviert.
Synchronisation verteilter Operationen
Wenn mehrere Qubitregister an verschiedenen Orten arbeiten, müssen Ergebnisse synchronisiert werden. Speicher-Qubits fungieren hier als Puffer: Sie halten den Zustand eines Qubits stabil, bis andere Teilsysteme ihre Berechnung abgeschlossen haben.
Dies ist essenziell für:
- Variationsansätze mit paralleler Optimierung
- zeitgesteuerte Feedback-Loops
- komplexe Gate-Sequenzen in verteilten Architekturen
Solche Synchronisationsmechanismen sind ein Schlüssel zur Skalierbarkeit.
Quantenkommunikation
Speicher-Qubits sind der Kernbestandteil fortgeschrittener Quantenkommunikationssysteme.
Quantenrepeater-Netzwerke
In der klassischen Telekommunikation werden Verstärker genutzt, um Signale über große Distanzen zu übertragen. In der Quantenwelt ist dies nicht erlaubt, da unbekannte Zustände nicht geklont werden können (No-Cloning-Theorem).
Quantenrepeater lösen dieses Problem, indem sie Entanglement in kurzen Abschnitten erzeugen und dann mittels Speicher-Qubits zwischenspeichern. Sobald alle Abschnitte verschränkt sind, können sie über Bell-State-Messungen verbunden werden.
Das Protokoll folgt dem Prinzip:
- Erzeugung lokaler Verschränkung.
- Speicherung in Speicher-Qubits.
- Bell-Messung und Verbindung der Abschnitte.
Mathematisch wird der Zustand folgendermaßen beschrieben:
|\Psi\rangle = \frac{1}{\sqrt{2}} \bigl(|0\rangle_A |1\rangle_B + |1\rangle_A |0\rangle_B \bigr)
Diese Verschränkung wird in Speicher-Qubits konserviert, bis der gesamte Kommunikationskanal verschränkt ist.
Quantenverschlüsselung
Quantenkryptografie nutzt Speicher-Qubits zur sicheren Schlüsselaushandlung. Beispiel: Quantum Key Distribution (QKD) mit Speicherpuffern.
- Photonen werden verschlüsselt übertragen.
- Empfangene Zustände werden in Speicher-Qubits zwischengelagert.
- Spätere Basisentscheidungen werden durchgeführt.
Dadurch lassen sich Angriffe besser erkennen, und die Synchronisierung wird erleichtert.
Hybride Architekturen
Die vielversprechendsten Konzepte künftiger Quantencomputer basieren auf hybriden Architekturen, in denen verschiedene Technologieplattformen kombiniert werden.
Verbindung von supraleitenden Prozessoren und photonischen Speichern
Supraleitende Prozessoren bieten ultraschnelle Gate-Operationen. Photonische Speicher hingegen ermöglichen langlebige Aufbewahrung von Zuständen und verlustarme Übertragung.
Eine hybride Architektur sieht daher vor:
- supraleitende Qubits für Logik und schnelle Algorithmen
- photonische Speicher-Qubits für Verzögerung, Synchronisation und Kommunikation
Beispiel: Ein Zustand wird von einem Transmon in ein Mikrowellen-Photon konvertiert, in einem optischen Speicher zwischengelagert und anschließend zurückgeschrieben:
|\psi\rangle_{\text{Transmon}} \xrightarrow{\text{Conversion}} |\psi\rangle_{\text{Photon}} \xrightarrow{\text{Storage}} |\psi\rangle_{\text{Photon}} \xrightarrow{\text{Retrieval}} |\psi\rangle_{\text{Transmon}}
Solche Konversionen sind bereits experimentell demonstriert worden, etwa am Forschungszentrum Jülich oder bei QuTech Delft.
Modularität und Skalierbarkeit
Speicher-Qubits sind entscheidend für modulare Architekturen. Statt monolithischer Quantencomputer entstehen Netzwerke von Recheneinheiten, die über Speicher-Qubits verbunden werden.
Vorteile:
- einfachere Fehlerkorrektur innerhalb kleiner Module
- bessere Isolation einzelner Teile
- flexibles Upgrade einzelner Komponenten
Solche Modularität ist ein Kernbaustein der Vision eines skalierbaren Quantencomputers mit Millionen Qubits.
Aktuelle Forschung und Meilensteine
Speicher-Qubits sind ein äußerst dynamisches Forschungsfeld, das von einer Vielzahl international führender Gruppen und Institute vorangetrieben wird. Die Kombination aus theoretischen Konzepten, technologischer Innovation und interdisziplinärer Zusammenarbeit hat zu einer Reihe bemerkenswerter Fortschritte geführt.
Wichtige Institute und Arbeitsgruppen
Forschungszentrum Jülich
Das Forschungszentrum Jülich in Deutschland betreibt eine der größten und vielseitigsten Forschungsplattformen für Quantentechnologien in Europa. Die Arbeitsgruppen dort befassen sich unter anderem mit:
- supraleitenden Resonator-Speichern
- Transmon-Resonator-Kopplung
- photonischen Speicherstrukturen für Quantenrepeater
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Frage, wie sich Mikrowellen-Resonatoren in skalierbare Architekturen integrieren lassen. Jülich koordiniert zahlreiche EU-Projekte, die sich mit der Standardisierung solcher Speicherlösungen befassen.
IBM Quantum
IBM Quantum gilt als einer der Pioniere in der Entwicklung supraleitender Quantenprozessoren. Innerhalb der IBM Quantum System One Architektur spielen Speicher-Qubits eine wichtige Rolle, etwa in:
- 3D-Kavitäten für state-of-the-art Kohärenzzeiten
- aktiver Stabilisierung über bosonische Codes
- Schnittstellen zu Quantenkommunikationsnetzwerken
IBM hat als einer der ersten Anbieter öffentliche Cloud-Zugänge zu Quantencomputern ermöglicht und damit auch den experimentellen Zugang zu Speicheroperationen vereinfacht.
QuTech Delft
Das QuTech-Institut in Delft, Niederlande, ist eine Kooperation von TU Delft und dem niederländischen Forschungszentrum TNO. Die dortigen Teams arbeiten an:
- Transmon-Resonator-Speichern
- spinbasierten Speichern in Diamant und Silizium
- photonischen Schnittstellen für verteilte Verschränkung
QuTech hat maßgeblich zur Entwicklung modularer Architekturen beigetragen, die Speicher- und Rechenmodule flexibel koppeln.
MIT Lincoln Laboratory
Das MIT Lincoln Laboratory gehört zu den führenden Einrichtungen im Bereich supraleitender Quanteninformation. Die Arbeitsgruppen haben zahlreiche Meilensteine erreicht:
- 3D-Kavitäten mit extrem hohen Q-Faktoren
- Integration mit Transmon-Chips auf Multilayer-Plattformen
- Entwicklung von Protokollen zur Fehlertoleranz in Speichermodulen
Diese Forschung hat maßgeblich die Standards für supraleitende Speicher-Qubits definiert.
Wegweisende Experimente
Einige Experimente haben das Verständnis von Speicher-Qubits nachhaltig geprägt.
Mikrowellen-Resonator-gedämpfte Speicher
In supraleitenden 3D-Kavitäten wurden Zustände mit Kohärenzzeiten über 500 Mikrosekunden gespeichert. Ein prominentes Beispiel ist das Experiment von Michael H. Devoret und Robert Schoelkopf an der Yale University, bei dem ein Mikrowellen-Resonator genutzt wurde, um cat codes zu stabilisieren:
|\mathcal{C}\alpha^\pm\rangle = \mathcal{N}\pm \bigl(|\alpha\rangle \pm |-\alpha\rangle \bigr)
Das Verfahren kombinierten passive Hoch-Q-Kavitäten mit aktiver Fehlerkorrektur.
Langzeitstabilität (>1 Sekunde) in Diamant-NV-Zentren
An der Harvard University demonstrierte Mikhail Lukins Gruppe die Speicherung eines Elektronenspins in einem NV-Zentrum, dessen Information auf einen Kernspin übertragen wurde. Ergebnis:
- Kohärenzzeit des Elektronenspins: ~1 ms
- Kohärenzzeit des Kernspins: >1 s
Dies markierte einen wichtigen Beweis, dass Kernspins als ultrastabile Speicher dienen können.
Speicher in topologischen Qubits
Experimente an der TU Delft und am Microsoft Quantum Lab zeigten die Möglichkeit, Majorana-Quasiteilchen in supraleitenden Nanodrähten zu erzeugen. Durch topologische Schutzmechanismen soll künftig Speicher mit intrinsischer Fehlerresistenz realisierbar sein.
Zwar sind diese Experimente noch im frühen Stadium, aber sie gelten als wegweisender Schritt in Richtung topologisch geschützter Speicher-Qubits.
Führende Köpfe der Forschung
Mehrere Wissenschaftler haben das Feld der Speicher-Qubits maßgeblich geprägt.
Michel Devoret
Professor Michel H. Devoret (Yale) ist eine Schlüsselfigur in der supraleitenden Quanteninformation. Seine Arbeiten zu:
- cat codes
- 3D-Kavitäten
- Qubit-Resonator-Kopplung
gehören zu den meistzitierten Studien. Er gilt als Vordenker der bosonischen Fehlerkorrektur.
Andreas Wallraff
Prof. Andreas Wallraff (ETH Zürich) leitet eines der weltweit führenden Labore für supraleitende Quantenprozessoren. Unter seiner Leitung wurden:
- Transmon-basierte Speicher
- Mikrowellen-Photonen-Konversion
- hybride Architekturen
erfolgreich demonstriert. Er treibt auch den Transfer in industrielle Anwendungen voran.
Mikhail Lukin
Prof. Mikhail Lukin (Harvard) hat maßgeblich zur Entwicklung spinbasierter Speicher beigetragen. Seine Gruppe hat sowohl photonische Speicher als auch NV-Zentren mit Kernspin-Kopplung etabliert.
Zudem forscht Lukin an Quantennetzwerken, in denen Speicher-Qubits die Grundlage verteilter Verschränkung bilden.
Lieven Vandersypen
Prof. Lieven Vandersypen (QuTech Delft) ist einer der führenden Köpfe in der Entwicklung von Quantenpunkten als Qubits und Speichermedien. Seine Gruppe hat hybride Systeme mit supraleitenden und spinbasierten Komponenten demonstriert und entscheidend zur Modularisierung beigetragen.
Zukunftsperspektiven
Speicher-Qubits stehen an der Schwelle von der Grundlagenforschung zum industriellen Einsatz. Ihr Potenzial reicht weit über die reine Speicherung hinaus: Sie werden als Bausteine für Fehlerkorrektur, globale Quantenkommunikation und verteilte Rechnersysteme fungieren. Im Folgenden werden zentrale Zukunftstrends skizziert.
Skalierung und Integration
Von Laborprototypen zu industriellen Quantenprozessoren
Aktuelle Speicher-Qubits sind oft Einzelstücke in Laborumgebungen, die mit erheblichem Aufwand betrieben werden. Der Übergang zu industriellen Quantenprozessoren erfordert:
- wiederholbare Fertigung mit minimaler Varianz
- präzise Justierung der Kopplungsparameter
- standardisierte Schnittstellen zwischen Speichermodulen und Recheneinheiten
Führende Unternehmen wie IBM, Google und Rigetti entwickeln Plattformen, die supraleitende Speicher in Quantenprozessoren mit Hunderten Qubits integrieren sollen. Parallel verfolgen Start-ups wie PsiQuantum photonische Speicheransätze, die sich besser in bestehende Glasfaser-Infrastrukturen einfügen.
Ein Ziel der nächsten Dekade ist die Kombination von mehreren Speichertypen in einem universellen Stack – etwa supraleitende Module für schnelle Algorithmen und photonische Speicher für Kommunikation.
Fortschritte in Packaging und Kryotechnik
Damit Speicher-Qubits ihre extrem langen Kohärenzzeiten entfalten können, ist eine präzise Temperatur- und Rauschkontrolle entscheidend. Künftige Fortschritte im Packaging umfassen:
- verlustarme Multilayer-Verbindungen zwischen Qubits und Resonatoren
- Mikrowellen-Package-Designs mit extrem hoher Abschirmung
- Miniaturisierte Kryostate mit >1000 Leitungen
Diese Fortschritte sind ein entscheidender Schritt, um Laborarchitekturen in kommerzielle Systeme zu überführen.
Fehlerkorrektur und Protokolle
Surface Codes und Logische Qubits
Die Speicherung von Quanteninformation über relevante Zeitskalen erfordert fehlertolerante Kodierung. Surface Codes gehören zu den aussichtsreichsten Verfahren:
- Ein logisches Qubit wird in einem Gitter aus physikalischen Qubits kodiert.
- Periodische Syndrommessungen erkennen und korrigieren Fehler.
Die Kombination aus Rechen- und Speicher-Qubits ist dabei essentiell: Speicher-Qubits halten die redundanten Zustände, während Rechen-Qubits die Stabilizer-Checks durchführen.
Die logische Kohärenzzeit T_{\text{logical}} wächst exponentiell mit der Code-Distanz d:
T_{\text{logical}} \sim \exp\left(\frac{d}{\xi}\right)
Hier ist \xi ein Parameter, der die Fehlerrate pro physikalischem Qubit beschreibt.
Optimierung der Speichereffizienz
Künftige Protokolle zielen darauf ab, die Speichereffizienz weiter zu steigern:
- adaptive Dynamische Entkopplung, die sich in Echtzeit an Rauschprofile anpasst
- autonomes Feedback, das ohne äußeren Trigger arbeitet
- variable Speicher-Topologien, um Zustände selektiv zwischen Modulen zu verteilen
Langfristig sollen so Speichertargets von mehreren Sekunden bis Minuten Kohärenzzeit mit subprozentualer Fehlerrate erreichbar werden.
Visionen für Quanten-Internet und verteilte Quantenrechner
Globale Netzwerke mit Quantenrepeatern
Eine der größten Visionen ist das Quanten-Internet, in dem weltweit Quanteninformation verlustarm übertragen wird. Speicher-Qubits bilden hier die Grundlage:
- Quantenrepeater lagern Verschränkung zwischen Kommunikationsabschnitten.
- Kaskadierte Speicher stabilisieren Zustände über viele Verbindungen.
Das Ziel ist, Quantenzustände über Tausende Kilometer hinweg zu verschicken, ohne dass Dekohärenz oder Photonverluste sie zerstören.
Bereits heute existieren Pilotprojekte (z. B. in den Niederlanden und in China), in denen erste Knotenpunkte mit Speicherfunktion demonstriert wurden.
Rolle der Speicher-Qubits als „Cache“ der Quanteninformationsverarbeitung
In einer vollständig entwickelten Quanten-IT-Infrastruktur werden Speicher-Qubits die Funktion übernehmen, die in klassischen Rechnern Cache- und Register-Speicher erfüllen:
- kurzfristige Pufferung hochsensibler Zustände
- Zwischenspeicherung bei Synchronisationsproblemen
- Unterstützung bei Lastverteilung in großen Quantenclustern
Die Vision: ein Netzwerk, in dem Quantenalgorithmen nahtlos über Standorte und Plattformen hinweg laufen, gestützt auf robuste Speicherpuffer.
Fazit
Zusammenfassung der Schlüsselmerkmale
Speicher-Qubits bilden eine unverzichtbare Grundlage jeder fortgeschrittenen Quanteninformationsverarbeitung. Sie sind definiert durch ihre Fähigkeit, Quantenzustände über längere Zeiträume mit hoher Fidelity zu konservieren.
Kernmerkmale sind:
- Kohärenzzeit: die Zeit, über die Superpositions- und Verschränkungszustände stabil bleiben
- Fehleranfälligkeit: charakterisiert durch Dekohärenzmechanismen wie Phononenkopplung und elektromagnetisches Rauschen
- Stabilisierungstechniken: dynamische Entkopplung, aktive Fehlerkorrektur und Kodierung in fehlerresistenten Zuständen
- Technologische Vielfalt: von supraleitenden Mikrowellen-Resonatoren über Spin- und Kernspin-Speicher bis zu photonischen Architekturen
Speicher-Qubits sind nicht nur Puffer – sie ermöglichen die präzise Synchronisation komplexer Algorithmen, die Implementation von Quantenrepeatern und die Vision eines Quanten-Internets.
Bewertung des gegenwärtigen Entwicklungsstands
Die Forschung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht:
- supraleitende Speicher-Qubits erreichen Kohärenzzeiten über 500 Mikrosekunden und kombinieren hohe Kontrollierbarkeit mit aktiver Fehlerkorrektur.
- Spinbasierte Speicher wie NV-Zentren in Diamant haben bewiesen, dass Speicherzeiten über eine Sekunde erreichbar sind, wenn der Elektronenspin auf Kernspins übertragen wird.
- Photonische Speicher in optischen Fasern und Kristallen bieten die Chance, Quanteninformation über große Distanzen verlustarm zu verschicken.
Trotzdem bestehen nach wie vor erhebliche Herausforderungen:
- Skalierung zu großen Arrays mit homogener Performance
- Verringerung technischer Rauschquellen in Packaging und Steuerung
- Entwicklung industrieller Fertigungsstandards
Die gegenwärtige Phase lässt sich daher als Übergang von Grundlagenexperimenten zu skalierbaren Plattformen charakterisieren.
Bedeutung für die Zukunft der Quantencomputertechnologie
Speicher-Qubits werden in den kommenden Jahrzehnten eine zentrale Rolle einnehmen:
- Fehlertolerante Quantencomputer erfordern robuste Speicher als Rückgrat logischer Qubits.
- Hybride Architekturen basieren auf Speichermodulen, die supraleitende, spinbasierte und photonische Elemente kombinieren.
- Quantenkommunikationsnetze werden nur durch Speicher-Qubits realisierbar, die als Puffer und Verschränkungsspeicher fungieren.
Langfristig werden Speicher-Qubits der „Cache“ einer neuen Rechnergeneration sein, die die Informationsverarbeitung, Kryptografie und Simulation in bisher ungeahntem Maßstab transformiert. Ihre Weiterentwicklung ist daher nicht nur ein technologisches Detail, sondern ein zentrales Element der Quantenrevolution.
Mit freundlichen Grüßen
Anhang: Links, Institute, Forschungszentren und Personen, die im Essay genannt wurden
Forschungszentrum Jülich
Profil: Das Forschungszentrum Jülich (FZJ) ist ein interdisziplinäres Großforschungszentrum in Deutschland mit exzellenten Arbeiten zu supraleitenden Schaltkreisen und spinbasierten Speichern. Besonders relevant ist das Peter Grünberg Institut (PGI-13), das Experimente zu Mikrowellen-Resonator-Speichern und hybriden Architekturen betreibt.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- Kopplung von Transmon-Qubits an Hoch-Q-Resonatoren
- Dekohärenzanalysen in supraleitenden Speichermodulen
- Mitwirkung an europäischen Projekten wie OpenSuperQ
- Forschungszentrum Jülich – Quantentechnologien https://www.fz-juelich.de/ias/jsc/DE/Forschung/Quantentechnologien
- PGI-13 (Theorie der Quanteninformationsverarbeitung) https://www.fz-juelich.de/en/pgi/pgi-13
IBM Quantum
Profil: IBM ist einer der ersten Anbieter von Cloud-Quantencomputing und weltweit Vorreiter bei industrietauglichen supraleitenden Quantenprozessoren. Die Plattform IBM Quantum System One integriert Speicher-Qubits in Form von Resonatoren mit cat codes zur Stabilisierung.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- Entwicklung von 3D-Kavitäten zur Speicherung von Mikrowellen-Photonen
- Implementierung von Fehlerkorrekturprotokollen (z. B. bosonische Codes)
- öffentlich zugängliche Hardware über IBM Quantum Experience
- IBM Quantum Startseite https://www.ibm.com/quantum-computing/
- IBM Quantum Experience Plattform https://quantum-computing.ibm.com
- IBM Research Blog zu supraleitenden Speichern https://research.ibm.com/blog/superconducting-qubits
QuTech Delft
Profil: QuTech ist ein Zentrum der TU Delft und TNO (Niederländische Organisation für Angewandte Naturwissenschaften), das intensiv an Quantencomputing und Quantenkommunikation arbeitet. Im Bereich Speicher-Qubits betreibt QuTech führende Forschung an hybriden Modulen und Majorana-basierten Topologiespeichern.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- Spinbasierte Speicher in Halbleitern und Diamant
- Quantenrepeater-Knoten mit photonischer Speicherung
- Topologisch geschützte Speicherzustände in Nanodrähten
- QuTech Hauptseite https://qutech.nl
- QuTech Quantencomputer-Ressourcen https://qutech.nl/research/quantum-computing/
- QuTech Quanteninternet-Initiative https://qutech.nl/research/quantum-internet/
MIT Lincoln Laboratory
Profil: Das MIT Lincoln Laboratory ist eine US-amerikanische Forschungseinrichtung, die für ihre Arbeiten zu 3D-Kavitäten und supraleitenden Multilayer-Strukturen bekannt ist. Speicher-Qubits sind dort ein zentrales Thema für skalierbare Architekturen.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- supraleitende Speicher-Arrays mit Q-Faktoren >10^6
- Fehlerkorrektur durch kombinierte Resonator- und Transmon-Kodierung
- Prozess-Tomografie an Speicherprototypen
- MIT Lincoln Laboratory Startseite https://www.ll.mit.edu
- MIT LL Quanteninformationswissenschaft https://www.ll.mit.edu/research-and-development/quantum-information-science
Michel Devoret (Yale University)
Profil: Prof. Devoret zählt zu den Gründervätern der supraleitenden Qubits und der Entwicklung bosonischer Fehlerkorrektur. Seine Gruppe hat cat codes in Mikrowellen-Resonatoren experimentell realisiert.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- Entwicklung des cat code Protokolls
- Experimente mit 3D-Kavitäten und supraleitenden Transmon-Kopplungen
- Theorie und Praxis der kohärenten Stabilisierung
- Devoret Group (Yale) https://devoretgroup.yale.edu
Andreas Wallraff (ETH Zürich)
Profil: Prof. Wallraff leitet das Quantum Device Lab der ETH Zürich, das supraleitende Qubits, photonische Kopplungen und Speicherstrategien in komplexen Architekturen vereint.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- supraleitende Multilayer-Strukturen für resonatorgestützte Speicher
- Entwicklung hybrider Systeme (Transmon, Resonator, Photonen)
- Schnittstellen zu Quantenkommunikationsmodulen
- Quantum Device Lab https://labquantum.ethz.ch
Mikhail Lukin (Harvard University)
Profil: Prof. Lukin ist ein weltweit führender Experte für spinbasierte und photonische Speicher, insbesondere in NV-Zentren.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- Langzeitkohärenz in Kernspins (über 1 Sekunde)
- photonische Schnittstellen für Quantenrepeater
- Entwicklung modularer Speicherlösungen für Quanteninternet-Knoten
- Lukin Group Harvard https://lukin.physics.harvard.edu
Lieven Vandersypen (QuTech Delft)
Profil: Prof. Vandersypen ist bekannt für Pionierarbeiten an Quantenpunkten in Halbleitern und hybride Architekturen, die Speicher- und Rechenmodule verbinden.
Spezialgebiet Speicher-Qubits:- Integration spinbasierter Speicher in skalierbare Quantenchips
- Entwicklung hybrider Transmon-Quantenpunkt-Systeme
- photonische Kopplungen zur verteilten Speicherung
- Vandersypen Group TU Delft https://vandersypenlab.tudelft.nl